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Patriotische Soldaten

Irak. Konfrontiert mit anhaltenden Angriffen und Anschlägen, scheint die US-Besatzungsmacht nun wieder auf die Mitarbeiter des ba’athistischen Militärapparats zurückgreifen zu wollen. »Viele Irakis haben sich darüber beschwert, dass die Deba’athisierungspolitik ungleich und ungerecht angewendet wurde«, und die Beschwerden seien »berechtigt«, erklärte der US-Verwalter Paul Bremer am Freitag der vergangenen Woche. Die vorgesehenen Lockerungen betreffen nicht allein Lehrer und Ärzte, die wegen ihrer Parteimitgliedschaft entlassen wurden. »Mehr als 70 Prozent der Männer in der irakischen Armee und im Zivilverteidigungskorps haben ehrenhaft gedient«, meint Bremer, ohne zu erläutern, wie er auf diese Prozentzahl kommt und was er unter ehrenhaftem Dienst versteht. Sie sollen »ihrem Land wieder dienen« dürfen.

Das Angebot könnte die Unzufriedenheit unter den arbeitslosen ehemaligen Soldaten und Offizieren mildern, die zudem über Erfahrungen in der Aufstandsbekämpfung verfügen. Das Vertrauen der Irakis auf »ihre« Sicherheitskräfte würde aber sicher nicht größer. »Die Rehabilitierung der Ba’athisten gefährdet die Demokratie«, kommentierte Ahmed Chalabi, ehemaliger Oppositioneller und Mitglied des Regierungsrats.

Unpatriotische Geiseln

Japan. Sich entführen zu lassen, kann eine kostspielige Angelegenheit werden. Die Regierung will von den drei Japanern, die im Irak als Geiseln genommen wurden, pro Person umgerechnet 5 000 Euro für den Rückflug kassieren. Einige Abgeordnete der Regierungskoalition wollen ihnen sogar die gesamten der Regierung durch ihre Entführung entstandenen Kosten, etwa 15 Millionen Euro, in Rechnung stellen. Es handele sich um eine »Angelegenheit der Erziehung«, erläuterte Bildungsminister Takeo Kawamura.

Der Japaner soll lernen, seiner Regierung, die ihn ja vor Reisen in den Irak gewarnt hat, nicht in die Quere zu kommen. Die Geiseln »hätten Japans humanitäre Mission im Irak und die Außenpolitik insgesamt kompromittieren können«, mäkelte die konservative Tageszeitung Nihon Keizai. Der Militäreinsatz war unter anderem kritisiert worden, weil er terroristische Attacken nach sich ziehen könne, was die drei Geiseln unfreiwillig bestätigten. Demonstranten und Angehörige forderten nach der Entführung den Abzug der japanischen Truppen. »Vor allem die Familien sollten sich dafür entschuldigen, dass sie so viel Ärger verursacht haben«, forderte Kiichi Inoue, Minister für Katastrophenprävention.

Ernster Schaden

Nordkorea. »Der Schaden ist sehr ernst«, meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA knapp. Nach offiziellen Angaben starben 161 Menschen, als am Donnerstag der vergangenen Woche mit Treibstoff, Öl, Flüssiggas und Kunstdünger beladene Eisenbahnwaggons im Bahnhof von Ryongchon explodierten. UN-Beobachter berichteten, die Stadt sei zu 40 Prozent zerstört. Die technologische Rückständigkeit und der geringe Sicherheitsstandard sprechen für einen Unfall. Da Staatschef Kim Jong-il wenige Stunden zuvor Ryongchon passierte, wurde jedoch auch über ein Attentat spekuliert. In jedem Fall zeige die Katastrophe den Nordkoreanern den wie einen Gott verehrten »geliebten Führer« Kim Jong-il als Sterblichen, den man auch loswerden kann, kommentierte Asia Times online.

Kim Jong-il hatte China besucht, um über die Beendigung seines militärischen Atomprogramms zu verhandeln, und war wie üblich von seinen Gastgebern für seine Gespächsbereitschaft mit Hilfslieferungen belohnt worden. Offenbar war es der dem Staatschef folgende Zug mit den chinesischen Geschenken, der explodierte. Das Regime will die Gelegenheit nutzen, um die Beziehungen zur »internationalen Gemeinschaft« zu verbessern und hat erstmals ausländische humanitäre Hilfe akzeptiert.

Rabiate Bewerber

Haiti. Manche Bewerber für den Polizeidienst haben offenbar noch Probleme mit ihrem Rollenverständnis. Mehrere Hundert Haitianer versuchten am Dienstag der vergangenen Woche, die Polizeiakademie in Port-au-Prince zu stürmen, um einen Job zu ergattern. Mit Tränengas und Schlagstöcken trieben Polizisten ihre potenziellen Kollegen zurück.

Viele Anhänger des Ende Februar gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide sind geflohen oder untergetaucht, andere wurden aus dem Staatsdienst entlassen oder verhaftet. Die Kriminalitätsrate ist seit Beginn der von den USA geführten Intervention gestiegen. »Sie können nicht einmal den Müll einsammeln«, kommentierte Leslie Voltaire, ein ehemaliger Minister Aristides.

Legal, illegal, digital

USA. Die US-Musikindustrie hat letzte Woche ein Amnestieprogramm für Filesharer beendet. Dabei wurden sie aufgefordert, sich schriftlich zu ihren Downloads zu bekennen; dafür sicherte man ihnen Straffreiheit zu. Ein User klagte gegen die Maßnahmen der Recording Industry Association of America (RIAA), denn die konnte nicht wirklich garantieren, dass keiner der Teilnehmer gerichtlich belangt wird. Zu dem Zeitpunkt war das Amnestieprogramm allerdings schon wegen mangelndem Interesse aus Filesharerkreisen eingestellt worden.

In Kanada dagegen wurde Anfang April das Filesharing für legal erklärt. Der Richter begründete sein Urteil mit dem Recht auf Privatkopien und erläuterte, auch in einer Bibliothek würden schließlich deshalb Kopierer stehen, weil man davon ausgehe, dass Besucher die Vervielfältigungen für den Hausgebrauch nutzen. Laut Jason Schultz, Anwalt der Electronic Frontier Foundation, betreffen die 2003 in den US-Kongress eingebrachten Gesetze gegen Tauschbörsenanwender rund 60 Millionen User: »Es verwenden mehr US-Bürger Filesharing-Software, als für George W. Bush im Jahr 2000 gestimmt haben.«