Tschüss, Nachkriegszeit! Heil, Hitlersäge!

in die presse

60. Jahrestag der Landung in der Normandie – ein geschichtsschwangeres Datum. Diesmal ist es besonders historisch. Das hat Gerhard Schröder mit als erster erkannt. Er hat sich für eine »unglaublich historische Geste« bedankt. Bei Jacques Chirac. Der hat ihn, Schröder, zu dem Gedenkspektakel in der Normandie eingeladen. Das ist Balsam für die deutsche Seele. Denn »mit dieser Einladung«, sagt Schröder, sei »die Nachkriegszeit endgültig vorbei«. Ist also Vorkriegs- oder gar schon wieder Kriegszeit?

Was George W. Bush betrifft, wird das Kriegsbeil ausgegraben. Der ist nämlich, wie der ehemalige französische Vizepremier Laurent Fabius erklärte, »das genaue Gegenteil der Werte, die dafür sorgen, dass wir Amerika lieben«. Zwei Vizepräsidenten des Regionalrats der Basse-Normandie sind empört: »Welches Bild von der Normandie wird man den arabischen und islamischen Ländern liefern, wenn man mit großem Pomp Bush und Putin empfängt?« fragen sie in Le Monde. Ein echtes Problem, sowohl für die Normandie als auch für die so genannte islamische Welt.

In der israelischen Tageszeitung Ha’aretz findet sich ein Artikel mit der Unterzeile »Sympathie für die Deutschen, Hass für die USA – am 60. Geburtstag des D-Day finden die Franzosen, dass ihre Gefühle sich verändert haben …« In Deutschland scheinen sie ziemlich gleich geblieben zu sein. CSUler raunzen Schröder an, er sei nicht patriotisch. Dabei wirft Schröder einen Kranz am Grab eines unbekannten Nazi-Soldaten ab. Aber auf dem Friedhof liegen auch Alliierte.

Hein Severlohs wird auch gedacht. Er war Wehrmachtssoldat. In der Normandie am Tag der Landung. Er tat seine Pflicht. Er schoss »bis um halb vier Uhr« – »die deutschen Verteidiger sind entweder tot, gefangen oder auf der Flucht«, schrieb Spiegel online – mit der »Hitlersäge«, dem MG-42. Er legte bei der Verteidigung deutschen Lebensraums nach eigenen Angaben 2 000 US-Invasoren um oder verwundete sie zumindest. Das war sozusagen der Beginn einer Freundschaft. Mit Private Silva, den er auch erwischte. »Hein hat mich nie um Vergebung gebeten, aber ich habe ihm verziehen«, wird Silva zitiert, »das ist wichtig für ihn.« Gab’s auch als Spiegel TV Special, die Geschichte dieser Freundschaft. Die Nachkriegszeit ist ja endgültig vorbei. Da braucht’s wieder deutsche Helden.

carlos kunze