Dorn im Ohr

Exiliraner senden aus Israel

Vor der letzten Parlamentswahl im Iran erhielt Menashe Amir viele Anrufe. »Bitte komm zurück. Wir würden dich gerne wählen«, bekam er immer wieder zu hören. Der 64jährige ist der Hauptverantwortliche und Moderator der persischsprachigen Sendung »Radis« bei Radio Israel. Er ist vielen Iranern auch durch seine Kolumnen in der in London erscheinenden Zeitung Kayhan bekannt.

»Radis« kann über Kurzwelle oder das Internet (www.radis.org) gehört werden. Sonntags bis donnerstags wird jeweils ab 18.30 Uhr zweieinhalb Stunden gesendet, freitags und samstags jeweils eine Stunde lang. Ehrenamtliche Unterstützung bekommt die Sendung von Journalisten aus der ganzen Welt und von vielen Exiliranern.

Das Radioprogramm ist den Ayatollahs natürlich ein Dorn im Auge. Das staatliche iranische Radio übernimmt täglich Beiträge, kommentiert sie und stellt sie als Lügen dar. Dennoch ist »Radis« Amir zufolge das ausländische Programm, das am häufigsten im Iran gehört wird. »Immer wieder erzählen Iraner, dass uns noch mehr Menschen hören als die BBC oder Voice of America.« Viele Oppositionsgruppen bekommen von »Radis« die neuesten Informationen aus dem Iran, die sie dann in ihren Veröffentlichungen verbreiten.

Eine halbe Stunde lang wird in jeder Sendung über das politische und soziale Leben im Iran berichtet. Schwerpunkte sind Informationen über Verstöße gegen Menschenrechte und über die Situation der Frauen. Aktuell geht es natürlich auch um das iranische Atomprogramm. Immer wieder gibt es zudem Berichte über alltägliche Proteste, wie etwa über die Demonstrationen von obdachlosen Kindern im Lale-Park in Teheran.

Fast immer schafft es die Redaktion, sofort über die neuesten Ereignisse im Iran zu berichten. Wenn beispielsweise die islamistische Organisation der Ansare Hesbollah ankündigt, verstärkt gegen die »unislamische« Kleidung von Frauen vorzugehen, oder wenn fünf mit Säure bespritzte Frauenleichen in einer Grube gefunden werden, kann man ziemlich sicher sein, davon noch am gleichen Tag in der Sendung zu erfahren. Woher die Informationen stammen, darüber möchte Amir nicht viel sagen. »Wir haben professionelle, aber geheime Quellen, die wir nicht verraten können. Aber es sind sehr zuverlässige Quellen.«

Einmal pro Woche werden Beiträge von Hörern gesendet. Iraner rufen während der Sendung in Israel an. So bekommen etwa Gefangene Nachrichten von ihren Familien. »Es gibt auch sehr viele Anrufe von Oppositionellen, die Europa und die Welt um Hilfe bitten.« Natürlich hören auch viele Exiliraner die Sendung und beteiligen sich an den Diskussionen.

Amir, der vor 44 Jahren aus dem Iran nach Israel gekommen ist, liegt es besonders am Herzen, die Freundschaft zwischen den Menschen in den beiden Ländern zu pflegen und die lange historische Tradition der Juden im Iran am Leben zu erhalten. Daher gibt es immer wieder Berichte über das Judentum und die jüdische Kultur im Iran.

Eine Erholung für alle iranischen Hörer sind die Musikbeiträge. Es läuft viel Rockmusik, immer abwechselnd von israelischen und von iranischen Gruppen. Also alles, was im Iran verboten ist.

kerstin eschrich und wahied wahdathagh