Nachrichten

Kondomisierte Gesellschaft

Thailand. Das ABC soll das wirksamste Mittel zur Bekämpfung von Aids sein. Ugandas Präsident Yoweri Museveni stellte seine A-B-C-Kampagne auf der 15. internationalen Aids-Konferenz in Bangkok vor: Abstinenz, Glauben (being faithful), Condome. Die ugandische Aids-Politik gilt als relativ erfolgreich, mit sechs Prozent ist die HIV-Infizierungsrate geringer als in vielen anderen afrikanischen Staaten. Museveni will aber keine »universell kondomisierte« Gesellschaft, denn »in einigen Kulturen ist der Geschlechtsverkehr so kunstvoll, dass Kondome ein frustrierendes Hindernis sind«.

Auf diese Weise hat Museveni zweifellos die Fantasie der 20 000 Delegierten angeregt. Umstritten blieb jedoch die Propagierung der gläubigen Abstinenz. Auch Randall Tobias, der Aids-Koordinator der USA, predigte: »Abstinence works, being faithful works, condoms work.« Aktivisten übertönten ihn mit dem Ruf: »He’s lying, people dying.« Kritiker werfen den USA vor, vorrangig Länder zu unterstützen, die eine Abstinenzpolitik vorantreiben und ohne Rücksicht auf die Infizierten einheimische Pharmakonzerne unterstützen.

Schlechte Presse

Senegal. Am Montag der vergangenen Woche blieben viele Kioske leer. Alle unabhängigen Zeitungen hatten aus Solidarität mit dem inhaftierten Journalisten Madiambal Diagne einen »Tag ohne Presse« ausgerufen. Ihm wird vorgeworfen, in der privaten Zeitung Le Quotidien Geheimdokumente und falsche Nachrichten veröffentlicht zu haben. »Journalisten stehen nicht über dem Gesetz«, sagte Premierminister Macky Sall der regierungstreuen Zeitung El Soleil. »Diejenigen, die dem Gesetz nicht gehorchen, werden sehen, dass das Gesetz angewendet wird.«

Der Senegal gilt als erfolgreiches Beispiel für die Demokratisierung in Afrika, doch investigativen Journalismus schätzt Präsident Abdoulaye Wade nicht. Diagne hatte in einem Artikel über betrügerische Machenschaften des Zollapparates einen geheimen Briefwechsel zwischen Finanzminister Abdoulaye Diop und Wade veröffentlicht. In einem weiteren Artikel beschuldigte er Wade, unbequeme Richter versetzt zu haben. Die unabhängigen Zeitungen haben die beiden Artikel nochmals veröffentlicht und in einem gemeinsamen Editorial erklärt: »Wir sind wieder vereint gegen die Ungerechtigkeit und den vergeblichen Versuch, die Presse mundtot zu machen.«

Repressive Toleranz

Mexiko. Eine »Sonderstaatsanwaltschaft für soziale und politische Bewegungen in der Vergangenheit« hat Präsident Vicente Fox eingerichtet. Sie soll die während des »schmutzigen Krieges« gegen die Linke begangenen Verbrechen aufklären, an denen auch höchste Politiker der damaligen Regierungspartei Pri beteiligt waren. Doch ob die Staatsanwaltschaft den ehemaligen Präsidenten Luis Echeverria anklagen wird, ist noch unklar.

Der heute 82jährige soll in das »Corpus Christi Massaker« vom 10. Juni 1971 in Mexiko City involviert gewesen sein, bei dem mindestens 30 Studenten getötet wurden. Echeverria soll stillschweigend die Aktion der paramilitärischen Gruppe »Falken« hingenommen haben, die sich damals mit Gewehren und Stahlketten auf tausende friedlich demonstrierende Studenten stürzte. Für viele Menschenrechtler war Echeverria, der zwischen 1970 und 1976 regierte, der bedeutendste staatliche Täter im »schmutzigen Krieg«.

Balance halten

Afghanistan. Mehr als zweieinhalb Jahre operieren US-Truppen bereits mit dürftigen Ergebnissen in Afghanistan. Nun sollen sie verstärkt werden, um die Präsidentschaftswahlen am 9. Oktober außerhalb Kabuls sicherzustellen. Die Taliban wollen die Wahlen mit Gewalt verhindern. Bei Überfällen wurden allein im Juni 17 Männer, die Wahlregistrierungskarten bei sich trugen, und vier afghanische Wahlhelferinnen ermordet. Dennoch haben sich bereits mehr als 6,3 der 10 Millionen Wahlberechtigten registrieren lassen.

Die Bedrohung durch die Taliban werde »übertrieben«, meint Präsident Hamid Karzai. Er hält mittlerweile die Warlords für eine größere Gefahr. Nach offiziellen Angaben konnten bislang nur etwa 10 000 der 60 000 Milizionäre demobilisiert werden. Ohne die Entwaffnung »wird Afghanistan ernsthafte Schwierigkeiten haben«, bemerkte Karzai in einem Interview mit der New York Times. »Ich werde versuchen, ein möglichst professionelles, technokratisches Kabinett zusammenzustellen«, kündigte er an. Allerdings müsse er auch nach einem Wahlsieg in der Regierung die »Balance« zwischen Warlords und Fachleuten halten.

Tigerkind

Singapur. Der neue Mann ist der Sohn des alten. Am 12. August wird Lee Hsien Loong, dessen Vater der Staatsgründer Lee Kuan Yew ist, der neue Regierungschef in Singapur. Eine unbedeutende Verwandtschaftsbeziehung, meint der einflussreichste Mann des Landes. »Er übernimmt das Amt nicht als mein Sohn, und ich habe ihn auch nicht ausgesucht oder bestimmt«, erklärte Yew dem Stern. Er und seine Anhänger haben den Staat nach der Abspaltung von Malaysia 1965 gegründet und in den folgenden Jahren geprägt. Yew trat zwar bereits 1990 nach 25 Jahren als Regierungschef zurück und übergab das Amt an Goh Chok Tong, aber er fungierte weiterhin als Senior Minister.

Sein Sohn gilt als konservativer als sein Vorgänger Tong. Vergangene Woche verärgerte er bereits die chinesische Regierung mit einem Taiwan-Besuch. Dadurch sei die politische Grundlage der bilateralen Beziehungen verletzt worden, der Besuch könne durch nichts gerechtfertigt werden, erklärte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Die chinesische Regierung betrachtet Taiwan als Teil ihres Staatsgebietes.