Nachrichten

Kens neuer Freund

Großbritannien. »Verbrennen« oder »zu Tode steinigen« seien angemessene Strafen für Homosexuelle, diese Meinung vertritt man zumindest auf der Website IslamOnline. Verantwortlich für den Internetauftritt ist der BBC zufolge der muslimische Kleriker Sheikh Yusuf al-Qaradawi. Der Gelehrte war gerade im Vereinigten Königreich auf Tour, um seine Interpretationen des Korans kundzutun. Der Präsident des »Europäischen Rats für Fatwa und Forschung« sieht sich selbst als einen Menschen des Friedens und der Toleranz, hat aber 1994 ein Buch veröffentlicht, in dem er Homosexualität wahlweise als »perversen Akt«, als »Korrumpierung menschlicher Sexualität« oder als »schamlose Verderbtheit« bezeichnet. Zudem zeigte er Verständnis für Ehemänner, die ihre Frauen schlagen, und bezeichnete palästinensische Selbstmordattentäter als Märtyrer. Trotzdem hat sich Londons linker Bürgermeister Ken Livingstone als dankbarer und geehrter Gastgeber erwiesen, als er den Sheikh am 12. Juli auf einer Konferenz gegen das Kopftuchverbot herzlich willkommen hieß. Der »rote Ken« war von dem Islamisten so begeistert, dass er ihn einlud, doch bald wieder nach Großbritannien zu kommen.

Deutsche in Frankreich

Frankreich. »Halt dei Gosch, du schaffsch bei Bosch«, hieß es früher bei dem Stuttgarter Unternehmen, das längst seiner schwäbischen Idylle entwachsen ist und nunmehr als weltweit agierender Konzern auftritt. In Vénissieux bei Lyon etwa stellt Bosch Diesel-Einspritzmotoren her, und wie das derzeit so üblich ist, drohte die Konzernleitung mit der Auslagerung in die Tschechische Republik, um die Lohnkosten zu drücken. Und das mit Erfolg. Mit zwei Gewerkschaften, der rechtssozialdemokratischen CFDT und der Angestelltenorganisation CGC, wurde ein Abkommen ausgehandelt: Jede Woche sollen die Beschäftigten eine Stunde unbezahlte Mehrarbeit leisten, also 36 Stunden zum Preis von 35 arbeiten, abgesehen von sonstigen Überstunden. Die postkommunistische Gewerkschaft CGT war dagegen. Das nutzte aber nichts. In namentlicher Abstimmung mussten sich die Lohnabhängigen bereit erklären, ihren individuellen Arbeitsvertrag entsprechend abändern zu lassen. Stimmen mehr als zehn Prozent dagegen, dann droht die Abwanderung der Arbeitsplätze, so »argumentierte« die Konzernleitung vorher. Derart bekehrt stimmten knapp 70 Prozent der 1 000 Beschäftigten für die Vereinbarung, nur zwei Prozent dagegen, die übrigen enthielten sich. Enthaltungen werden vom Unternehmen als Akzeptanz gewertet, ganz der eingangs zitierten schwäbischen Volksweisheit entsprechend.

Italienische Brüder

Italien. Bereits einmal haben sich Italiener als bereitwillige Erfüllungsgehilfen irakischer Terroristen gezeigt. Um das Leben von vier italienischen Geiseln zu retten, kam die Friedensbewegung brav den Forderungen der Entführer nach und führte Ende April in Rom eine Demonstration gegen die Irak-Politik der italienischen Regierung durch (Jungle World, 21/04). Und weil das einmal so gut geklappt hat, drohen jetzt die al-Qaida zugerechneten Terrorbrigaden Abu Hafs al-Masri mit Anschlägen: »Dies ist die letzte Warnung an das italienische Volk. Entweder werdet ihr den inkompetenten Berlusconi los oder wir werden Italien wahrhaft in Brand setzen.« Italien widmen die Freunde Ussama Bin Ladens offenbar besondere Aufmerksamkeit. Zum ersten Mal wurde kürzlich auf der Website ansarnet.ws/vb, die der al-Qaida nahe steht, auch eine Rede Bin Ladens ins Italienische übersetzt. Ein al-Muhib al-Sheikhein erlärt im Vorspann, man habe sich »entschlossen, die letzte Rede des Sheikh Ussama Bin Laden in die italienische Sprache zu übersetzen, wir bitten die Brüder, diese durch die italienischen Foren zu verbreiten.« Das werden sie gewiss tun.

Koffer voller Geld

Griechenland. Zwei Monate war ihm die griechische Polizei bereits auf der Spur. Am Freitag dann ging ihr Dejan Milenkovic ins Netz. Der serbische Staatsbürger ist einer der Hauptverdächtigen im Mordfall des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic. Der im September 2000 demokratisch gewählte Präsident wurde am 12. März 2003 vor dem Regierungsgebäude in Belgrad erschossen. Milenkovic soll dem Zemun Clan angehören, einer der größten kriminellen Organisationen Serbiens. Sie wird beschuldigt, das Attentat in die Wege geleitet zu haben. Bereits eine Woche nach dem Mord waren etwa 1 000 Verdächtige verhaftet worden, darunter viele Mitglieder des Clans. Djindjic war aufgrund seiner prowestlichen Orientierung und seines härteren Vorgehens gegen das organisierte Verbrechen ins Visier seiner Gegner geraten. Unter der Regierung Slobodan Milosevics sollen kriminelle Banden ein entspannteres Leben geführt haben. Die Ermittlungen brachten zahllose Verwicklungen von Politikern, Polizei und Straftätern ans Licht, die bis heute nicht völlig entwirrt werden konnten. Dejan Milenkovic wurde in Thessaloniki festgenommen, ohne Ausweis, aber mit einem Koffer voll Geld. Nun steht ihm wahrscheinlich die Auslieferung an Serbien bevor.

Rüben von drüben

Brüssel. Lange war der europäische Zuckermarkt von der Außenwelt abgeschottet, hohe Importzölle und der festgesetzte Garantiepreis hielten konkurrierende Unternehmer bislang fern. Nun rauben die Pläne von EU-Agrarkommissar Franz Fischler den Bauern ihren ohnehin allzeit kurz bemessenen Schlaf. Die Abschaffung der Exportsubventionen sowie die Senkung der Erzeugungsquote und der Stützungspreise sollen dafür sorgen, dass Konsumenten in Europa nicht mehr dreimal soviel für Zucker zahlen müssen wie der Rest der Welt. Den 49 ärmsten Ländern sollen die Importzölle erlassen werden. Kubanischer Zucker im deutschen Apfelkuchen? Da geht der Zuckerindustrie glatt der Hut hoch. Für sie ist die Reform der Anfang vom Ende des europäischen Zuckeranbaus, viele Bauern sehen ihre Existenz bedroht.