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Eine kleine Durststrecke

Hartz IV. Wer zum Ende eines Monats seine Stütze abgesahnt hat, kann ja wohl nicht erwarten, am Anfang des nächsten Monats gleich wieder die Hand aufhalten zu dürfen. Das wär’ ja noch schöner! Deshalb müssen im Januar nächsten Jahres Arbeitslose, die bisher Arbeitslosenhilfe bezogen haben, mit einem Ausfall ihrer Bezüge rechnen.

Gegenwärtig wird die Arbeitslosenhilfe zum Monatsende ausgezahlt. Nach der Zusammenlegung der Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe soll das Arbeitslosengeld II dann zum Monatsanfang überwiesen werden. Diejenigen, die Ende Dezember ihre Arbeitslosenhilfe erhalten haben, hätten dann bereits Anfang Januar Anspruch auf Geld. Dieser Anspruch soll aber nicht erfüllt werden, denn das neue Arbeitslosengeld II soll nur an »Bedürftige« ausgezahlt werden, und Arbeitslose, die erst Ende Dezember Geld bekommen haben, sollen nicht als »bedürftig« eingestuft werden. Kleiner Nebeneffekt der Geschichte: Die Betroffenen werden auch einen Monat lang nicht sozialversichert sein.

Beinahe wäre nicht aufgefallen, dass »Hartz IV« solche Folgen hat. Auf der Klausurtagung des Kabinetts am vorletzten Wochenende wurde das Problem plötzlich erkannt. Einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, nach dem Finanzminister Hans Eichel die im Januar zu erwartende Ersparnis von 1,8 Milliarden Euro bereits anderweitig verplant habe, dementierte ein Sprecher des Ministeriums. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) will das Problem »vernünftig lösen«, was auch nichts Gutes verheißt.

So oder so werden Erwerbslose ab Januar 2005 Grund genug dazu haben, sich auf den Ämtern zu ärgern. Damit rechnet auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. Er sagte in der vergangenen Woche, er befürchte eine größere Zahl von Übergriffen auf Arbeitsagenturen und Sozialämter, so dass diese künftig geschützt werden müssten. »Einigermaßen verantwortungslos« nannte ein Regierungssprecher diese Warnung. Dabei sollte die Regierung sich freuen: Künftige Tumulte auf den Ämtern kann man dem GdP-Vorsitzenden in die Schuhe schieben. Denn er hat ja die Drückeberger erst auf die Idee gebracht.

Zu früh verschwunden

Straflosigkeit. »Die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit für die sechs Fälle verschwundener Abkömmlinge von zur Zeit des Dritten Reiches ausgewanderter Deutscher jüdischer Abstammung ist nicht gegeben, weil keines dieser Opfer die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.« So begründete die Justizpressestelle des Oberlandesgerichts Nürnberg in der vergangenen Woche die Teileinstellung eines Verfahrens gegen Mitglieder der früheren argentinischen Militärjunta.

Das bedeutete einen Rückschlag in der Arbeit der Nürnberger Koalition gegen Straflosigkeit, die gemeinsam mit anderen Initiativen seit Jahren versucht, Strafverfahren gegen ehemalige argentinische Militärs anzustrengen. 1998 reichten sie die ersten Anzeigen von Angehörigen während der Militärdiktatur »verschwundener« und gefolterter deutscher Staatsbürger bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ein. Im Mai 1999 wurden weitere sechs Fälle zur Anzeige gebracht. Dabei ging es um Kinder von während des Nationalsozialismus zwangsweise ausgebürgerten deutschen Juden, die in Argentinien »verschwanden«.

Lediglich auf Antrag hätten die sechs Personen in Deutschland wieder eingebürgert werden können. Einen solchen stellten fünf der sechs »Verschwundenen« nicht. »In einem Fall kam es nicht mehr zur Aushändigung der Einbürgerungsurkunde, die (…) wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einbürgerung ist«, lautet die makabre Erklärung des Nürnberger Gerichts dafür, dass es auch für diesen sechsten Fall nicht zuständig sei.

Im Schutz der Maske

Polizei. Man ahnte es ja schon länger: Bei der Polizei sind nicht nur sanftmütige Menschen mit weißer Weste beschäftigt. Dass aber gleich ein komplettes Sondereinsatzkommando wegen krimineller Umtriebe aufgelöst werden muss, passiert nicht alle Tage.

Wie in der vorigen Woche bekannt wurde, wird gegen ein Sondereinsatzkommando der Polizei in Köln ermittelt, weil Beamte der Einheit fahrlässige Tötung, Körperverletzung im Amt, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Diebstahl und Strafvereitelung begangen haben sollen. Insgesamt sieben Polizisten wurden vom Dienst suspendiert, davon fünf wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Die beiden anderen Beamten haben angeblich auf einer SEK-Feier Haschischplätzchen zu sich genommen.

Aus den Reihen des SEK selbst kamen die Hinweise, die zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft führten. Danach soll der Kommandoführer nach Einsätzen stets dafür gesorgt haben, dass die Darstellungen der einzelnen Beamten abgesprochen wurden. Bei einem Einsatz im Juli 2001 in Hennef, der bisher als Fall eines versuchten Selbstmordes galt, besteht nach aktuellen Erkenntnissen der Verdacht der fahrlässigen Tötung durch einen SEK-Beamten. Ende 2000 soll ein Mann in Sankt Augustin bei Bonn von vermummten Polizisten der gleichen Einheit misshandelt worden sein. Für die erlittene Tortur klagt der Geschädigte derzeit 230 000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz ein. Kein Schmerzensgeld dagegen bekommt ein ehemaliges Mitglied des Kölner SEK. Anfang Februar wurde er bei einer nächtlichen Übung von einem Kollegen erschossen.

Der Dauerwitz

Maut. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der Bund ab Januar »richtig handfeste Einnahmen« haben. Das sagte Manfred Stolpe, Minister für Verkehr und optimistische Prognosen, vorige Woche im ARD-Morgenmagazin. 180 Millionen Euro sollen dann pro Monat in die Staatskasse fließen.

Warum aber jetzt alles plötzlich, ja geradezu schlagartig gelingen soll, was in Jahren zuvor nicht gelang, behielt Stolpe für sich. Es bleibt spannend.