Ihr kriegt uns hier nicht raus!

Das Berliner Hausprojekt Yorck 59 ist durch eine angedrohte Mieterhöhung gefährdet. Viele Flüchtlingsinitiativen sind dort untergebracht. von christoph villinger

Trotz Verbotes feierten die BewohnerInnen der Yorckstraße 59 in Berlin-Kreuzberg am letzten Juliwochenende ihr jährliches Hoffest. Nicht nur im Hof, sondern auch mit den zahlreichen BesucherInnen gut sichtbar auf der Straße. Am Tag zuvor hatte ihnen ihr neuer Hausverwalter Marweld schriftlich »ausdrücklich die Nutzung der Innenhöfe für irgendwelche Feste, Feiern, Kundgebungen u. ä. untersagt«.

Seit das Haus im Sommer 2003 in Zwangsverwaltung geriet, eskalieren die Konflikte rund um das Fabrikgebäude. An den BewohnerInnen vorbei, die das Haus mit Hilfe des Mietshäusersyndikats (MHS) selbst erwerben wollten, verkaufte die Bank es an den Hamburger Marc Walter. Dieser kündigte über seine Hausverwaltung sofort eine Verdoppelung der Miete zum September 2004 an. So musste sich die »Hauskauf-Gruppe« schnell in »Hauskampf-Gruppe« umbenennen. »Walter und Marweld wollen das Haus leer haben«, sagt Annette Käfer*, die seit fast zehn Jahren in dem Haus wohnt. »Sie träumen wohl davon, hier ebenso teure Luxuslofts wie in der nahe liegenden ehemaligen Brauerei im Viktoriapark einbauen zu können.«

Bekannt ist die »Yorck 59« vor allem als Adresse und Treffpunkt »zur Strukturierung von Flüchtlingswiderstand«, erzählt Sylvia Maier* von der Antirassistischen Initiative (Ari), die seit Jahren ihr Büro in dem Haus hat. Auch die Flüchtlingsinitiative Brandenburg trifft sich hier, ebenso wie die Selbstorganisation The Voice Refugee Forum. Die Anti-Lager-Tour 2004 (Jungle World, 34/04) wird hier organisiert. Und die deutsch-lateinamerikanischen Medienprojekte Poonal und Radio Onda sind hier ebenfalls zuhause.

»Wir können nicht einfach in ein anderes Büro umziehen«, betont Maier, »denn die Infrastruktur des Hauses mit seiner Veranstaltungsetage, den Übernachtungsmöglichkeiten und der DruzBar ist für uns ideal.« Bewusst hat die Ari ihr Büro in einer der weitläufigen Fabriketagen eingerichtet, in denen ansonsten über 60 Menschen, darunter zehn Kinder, in großen Wohngemeinschaften leben.

Der Widerstand der BewohnerInnen zeitigt inzwischen erste Erfolge. Zumindest ist es ihnen gelungen, sich in der Stadt »zum Thema« zu machen. Einerseits wollen sie auf der juristischen Ebene die Mieterhöhungen zurückweisen. Allen Beteiligten sei schon immer klar gewesen, dass in den Etagen überwiegend gewohnt wird und die Gewerbemietverträge nur aus formalen Gründen abgeschlossen wurden, so argumentieren sie. Deshalb gelte das Wohnmietrecht und nicht das Gewerbemietrecht.

Und andererseits begannen die BewohnerInnen eine politische Kampagne, die von einer Kundgebung mit rund 100 Leuten vor dem Firmensitz der Hausverwaltung, über die Einschaltung eines Schlichters der Industrie- und Handelskammer (IHK) bis zu Treffen mit PolitikerInnen reicht.

Letzte Woche besuchte Cornelia Reinauer (PDS), die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, die Yorck 59 und setzte sich für die Einrichtung eines Runden Tisches zwischen den BewohnerInnen und dem Hausbesitzer zusammen mit dem Bezirksamt ein. Darin hat sie inzwischen einige Erfahrung, denn immer wieder geraten gerade in ihrem Bezirk Hausprojekte wie die Rigaer 94 oder ganze Wohnblocks wie rund um die Waldemarstraße durch die Privatisierungspolitik des rot-roten Berliner Senats mit Investoren aneinander.

Falls es nicht zu einer politischen Lösung kommt, rechnet Annette Käfer damit, dass sich die Räumungsklagen über das nächste Dreivierteljahr hinziehen werden. Sie gibt sich zuversichtlich, dass die Prozesse gewonnen werden können. »Und das wäre nicht der erste Hauskampf, den wir gewinnen«, betont sie. Schon einmal, vor zehn Jahren zur Zeit des Hauptstadtbooms, wehrten die BewohnerInnen der Yorck 59 eine Vervierfachung der Miete ab.

* Namen von der Redaktion geändert