Irgendwo in Afrika

EU-Kampftruppen von anton landgraf

Die deutschen Soldaten müssen vorerst zuhause bleiben. Nachdem die sudanesische Regierung ihren »expliziten Widerspruch« zum Einsatz der Bundeswehr in der Krisenregion Darfur mitgeteilt hat, findet die Mission vorerst nicht statt. Damit sei die Sicherheit der rund 200 deutschen Soldaten nicht mehr zu garantieren, hieß es vergangene Woche in Berlin. Die Bundeswehr sollte mit Lufttransporten die Überwachungsmission der Afrikanischen Union im Sudan unterstützen.

Während die Deutschen noch warten müssen, sind andere europäische Länder schon seit längerer Zeit in Afrika aktiv. Britische Truppen sind in Sierra Leone, französische Soldaten unter anderem in der Elfenbeinküste und im Tschad stationiert. Im Sommer 2003 demonstrierte die Europäische Union ihre neue militärische Kompetenz bereits mit einem Kurzeinsatz im Kongo.

Doch das alles soll erst der Anfang sein. Nach Meinung des britischen Premierministers Tony Blair werden die Konflikte in Afrika eine besonders hohe Priorität für die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik erhalten. »Nicht immer wird Afrika einen Konflikt allein beilegen können«, sagte Blair am Donnerstag vergangener Woche bei einem Besuch in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Kurz zuvor hatte der EU-Ministerrat in Brüssel die Aufstellung so genannter Battle Groups beschlossen. 13 hoch mobile Kampfgruppen mit je 1 500 Soldaten sollen in kürzester Zeit in Krisengebiete verlegt werden können. Die Battle Groups setzen sich aus Soldaten mehrerer Nationen zusammen. Deutschland stellt insgesamt das größte Kontingent und wird sich an vier dieser gemischten Gefechtseinheiten beteiligen.

»Die EU will mit den Battle Groups nicht in den Krieg ziehen, sondern den Frieden sichern. Es geht um Krisenmanagement, wie etwa in Bosnien und im Kosovo«, beschwichtigte vergangene Woche der EU-Außenbeauftragte, Javier Solana. Das Konzept der Battle Groups sei zudem mit der Nato abgestimmt. Die Voraussetzungen für den tatsächlichen Einsatz sind hoch gesteckt. Ein einstimmiges Votum der Mitgliedsstaaten und ein Mandat der Vereinten Nationen sind nötig. Praktische Hindernisse kommen hinzu: Für den schnellen Transport ihrer Truppen fehlen den Europäern bislang schlicht die Flugzeuge. Um die logistischen Probleme zu lösen, wurde speziell eine so genannte EU-Verteidigungsagentur gegründet, deren erster Haushaltsplan mit 20 Millionen Euro für das kommende Jahr vom EU-Ministerrat nunmehr gebilligt wurde. Die Agentur soll vor allem gemeinsame Rüstungsprojekte koordinieren und dafür sorgen, dass die Ausrüstung nationaler Armeen im gemeinsamen Einsatz vereinbar ist.

Initiiert wurde die Idee gemeinsamer Kampfeinheiten und einer europäischen Rüstungsagentur auf dem »Pralinengipfel« in Brüssel vor zwei Jahren. Dort hatten sich Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg angesichts des Angriffs der USA auf den Irak darauf verständigt, den Aufbau einer europäischen Armee schneller voranzutreiben

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde der Ausbau der EU zu einer Militärunion auch in der europäischen Verfassung festgelegt. Darin verpflichten sich die EU-Staaten zur fortlaufenden Verbesserung ihrer militärischen Fähigkeiten und zu einem »Kampfeinsatz als Unterstützung für Drittstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus in deren Hoheitsgebiet«. Jetzt sind EU-Militäreinsätze ohne räumliche und zeitliche Begrenzung möglich – auch weit über Afrika hinaus.