Propaganda im Gepäck

Wenn zum Gipfel der Frankophonie geladen wird, geht es nicht nur um die Schönheit der Sprache. Beim Treffen in Ougadougou stand die Krise in der Côte d’Ivoire im Mittelpunkt. von bernhard schmid, paris

Das pompöse Ding« nannte die in Ouagadougou erscheinende westafrikanische Satirezeitung Le Journal du jeudi den Gipfel der Frankophonie. Das Treffen »der Staaten, die das Französische gemeinsam haben«, fand am Freitag und Samstag in der Hauptstadt Burkina Fasos statt. Es kostete 13 Millionen Euro, von denen das Gastgeberland, das zu den ärmsten der Erde zählt, über 4,5 Millionen aufbringen musste.

Selbstverständlich geht es bei einem solchen Gipfel nicht allein um Sprachpflege, sondern auch um Politik und um Macht. Das Kultivieren der Frankophonie dient Paris traditionell dazu, die Verbindungen zu seinem ehemaligen kolonialen »Hinterhof« in Afrika demonstrativ zu pflegen. Aber heute geht es auch darum, die »kulturelle Diversität« angesichts der Vorherrschaft des Englischen zu beschwören, um daraus indirekt auch Ansprüche auf eine politische Rolle abzuleiten. »Gegenüber dem amerikanischen und demnächst dem chinesischen Block muss die Frankophonie sich behaupten«, sagte Frankreichs Minister für internationale Kooperation und Frankophonie, Xavier Darcos, der Pariser Sonntagszeitung JDD.

Beim 10. Gipfel in Ougadougou waren 56 Länder mit 600 Millionen Einwohnern vertreten. Teilnehmen konnten nicht nur Staaten, in denen das Französische Amts- oder hauptsächliche Verkehrssprache ist, sondern auch solche Länder, die sich in irgendeiner Weise um seine Förderung etwa im Schulunterricht oder im Geistesleben verdient gemacht haben. Und so wurden in Ouagadougou fünf neue Länder als Beobachter registriert: Österreich, Ungarn, Kroatien, Armenien und Georgien.

Das wichtigste Thema des Gipfels war jedoch die in Côte d’Ivoire schwelende Krise, in die Frankreich militärisch interveniert hat. Burkina Faso, das bereits vor fünf Jahren für die Abhaltung des diesjährigen Gipfels ausgewählt wurde, ist in den Konflikt involviert. Seine Staatsbürger im Nachbarland Côte d’Ivoire sind von der Ethnisierung gesellschaftlicher Verteilungskonflikte und den Kampagnen der Regierung gegen Migranten betroffen, die ihrerseits Blaise Compaoré, den Präsidenten Burkina Fasos, beschuldigt, die Rebellen im Norden des Nachbarstaats zu unterstützen. Was er wahrscheinlich auch tut.

Sofern eine Vermittlung unter den Fittichen der frankophonen Staatengruppe angestrebt war, muss sie als gescheitert gelten. Denn zu Gesprächen mit dem ivoirischen Minister für die regionale Integration, Théodore Mel Eg, kam es gar nicht erst. Die Gepäckstücke des Ministers und seiner Delegation waren am Donnerstag voriger Woche am Flughafen von Ouagadougou durchsucht worden. Dabei wurde »antifranzösisches Propagandamaterial«, so die Behörden Burkina Fasos, zu Tage gefördert und beschlagnahmt. Gegen eine »Verletzung der diplomatischen Spiel- und der Höflichkeitsregeln« wetternd, reiste Mel Eg umgehend zurück.

Letztlich unterstützte der Gipfel das französische Agieren in Côte d’Ivoire. Die Abschlusserklärung fordert ferner die Einhaltung der Abkommen von Marcoussis bei Paris (2003) und Accra (2004) durch die Regierung wie auch die Rebellen und unterstützt das vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Waffenembargo.

Gleichzeitig aber wird eine »Afrikanisierung« des Krisenmanagements angestrebt. Denn das politische und militärische Eingreifen des französischen Staates, der zugleich die ivoirische Wirtschaft dominiert, erweist sich kaum als geeignet, Frieden zu stiften. In Gesprächen mit Compaoré, aber auch mit dem Generalsekretär der Afrikanischen Union und Präsidenten Nigerias, Olusegun Obasanjo, insistierte der französische Präsident Jaques Chirac deswegen auf einem stärkeren Engagement der afrikanischen Länder.