Eine Chance für alle

Hoffnungen vor der Wahl von bassem eid

Am kommenden Sonntag wird zum zweiten Mal innerhalb von acht Jahren eine Wahl um das Amt des Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde stattfinden. Obwohl die Wahl tatsächlich eine Chance zur Veränderung bietet, ist Begeisterung eher auf israelischer als auf palästinensischer Seite zu spüren. Für Israel – so wie für die USA – war Yassir Arafats Tod ein Segen, denn in ihm sahen sie das größte Hindernis für den Friedensprozess im Nahen Osten. Jetzt, nach Arafats Tod und mit der kommenden Wahl, muss Israel sein Versprechen halten, freie Wahlen zuzulassen, damit sich die Demokratie durchsetzen kann. Allein diese Wahl wird den Friedensprozess nicht beschleunigen, innerhalb der palästinensischen Gesellschaft ist aber eine Tendenz zu beobachten: Man blickt mit zunehmendem Optimismus in die Zukunft. Umfragen zufolge wird die Mehrheit der Palästinenser an der Wahl teilnehmen und erwartet sich davon eine positive Veränderung der Situation.

Von den sieben Bewerbern scheint der ehemalige Premierminister und derzeitige PLO-Chef Mahmud Abbas als Kandidat der Fatah der wahrscheinlichste Amtsnachfolger Arafats zu sein. Dem Jerusalem Media and Communication Centre zufolge werden 42,5 Prozent der Wähler für ihn stimmen, und sowohl Israelis als auch Palästinenser erwarten, dass er die Wahl gewinnt.

Die Unterbindung der Terroranschläge ist eine der Hauptbedingungen Israels für den Beginn des geplanten Rückzugs aus der Westbank und dem Gazastreifen. Abbas’ Verurteilung von Gewalt gegen Israel und Sharons geplanter Rückzug aus dem Gazastreifen sollten nun den Friedensprozess in Gang setzen. Essenziell dafür ist, dass die israelische Bevölkerung Abbas’ Friedensabsichten erkennt und sie nicht mit den Überzeugungen militanter Gruppen wie der Hamas verwechselt. Die Hamas hat einen Waffenstillstand abgelehnt und unterstützt einen Boykott der Wahl am 9. Januar – was eine Durchführung der Wahl noch bedeutsamer macht.

Sharon hat versprochen, dass Israel die nötigen Maßnahmen treffen wird, damit die Wahl frei und demokratisch verläuft, aber er wird sich darauf beschränken, die Bewegungsfreiheit innerhalb der palästinensischen Gebiete zu garantieren. Da nur wenige Tausend Menschen in Ostjerusalem wählen dürfen, werden mehr als 100 000 Palästinenser die Stadt verlassen müssen, um ihre Stimme abzugeben. Der Tageszeitung Guardian zufolge »gab Sharon zu, dass die Vorbereitungen so getroffen seien, um zu zeigen, dass Israel über die alleinige Souveränität in Ostjerusalem verfügt«.

Unabhängig davon, wer die Wahl gewinnt, wird Sharon einen Rückzug Israels hinter die Grenzen von 1967 nicht akzeptieren, die großen Siedlungsblöcke in der Westbank aufrechterhalten und die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge nach Israel verweigern.

Ariel Sharon sagt, dass ein Abzug aus Gaza nur nach der Wahl einer zuverlässigen palästinensischen Führung beginnen kann. Entscheidend dafür ist nun, dass Sharon sein Versprechen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung hält und damit zeigt, dass Arafat das Hindernis für den Friedensprozess darstellte und dass er die demokratische Wahl des nächsten palästinensischen Präsidenten respektiert. Die Gewalt der Hamas muss von beiden Seiten verurteilt werden, die Anzahl der Anschläge wird von der Meinung der Öffentlichkeit abhängig sein. Palästina muss damit anfangen, sich als unabhängige Nation zu konstituieren, mit Israel als seinem friedlichen Nachbarn.

Bassem Eid ist Leiter der Palestinian Human Rights Monitoring Group in Ostjerusalem