Alptraum unter Palmen

Konferenz der Inselstaaten von martin kröger

Anwarul Karim Chowdhury, UN-Untergeneralsekretär und Beauftragter für die so genannten Kleinen Inselstaaten, zog bereits zu Beginn der Konferenz eine niederschmetternde Bilanz: »Ungeachtet der Anstrengungen der kleinen Entwicklungsinselstaaten haben sich die Erwartungen an internationale Hilfen und Kooperation für die Implementierung des Barbados-Programms nicht materialisiert.«

Über 2 000 Delegierte aus 114 Ländern hatten sich in der vergangenen Woche auf Mauritius versammelt, um über die weitere Zukunft der Inselstaaten zu diskutieren. Groß waren die Hoffnungen, die im Jahr 1994 in das auf der Karibikinsel Barbados verabschiedete Aktionsprogramm für die nachhaltige Entwicklung und den Schutz der kleinen Inselstaaten gesetzt worden waren. Doch zehn Jahre später sind die Probleme der in der Gemeinschaft der Kleinen Inselstaaten zusammengeschlossenen 37 Staaten und Territorien nahe Afrika, der Karibik und Ozeaniens mit einer Gesamtbevölkerung von 43 Millionen Menschen so groß wie nie. Dennoch hätte die Konferenz ohne die Tsunami-Katastrophe wohl kaum mediale Aufmerksamkeit erlangt.

Große Teile der insularen Welt sind schon heute ständig von Überschwemmungen und Naturkatastrophen bedroht. Als im Februar 2004 die neun Inseln des Tuvalu-Atolls wegen neuer Höchststände des Tidenhubs überschwemmt wurden, interessierte sich kaum jemand dafür. Solche ungewöhnlich hohen Fluten waren nach Aussagen der Bewohner des Atolls früher seltener, inzwischen müssen sie etwa alle zwei Jahre mit einer Überschwemmung rechnen. Mit drastischen Folgen: Weder das Trinkwasser noch die Ernten sind nach der Überflutung genießbar, das von Palmen gesäumte pazifische Paradies wird zum Alptraum für die Bewohner.

Die Auswirkungen der weltweiten Klimaveränderungen sind auf Inseln, aber auch an den Küsten Bangladeshs, wo Millionen von Menschen nur einen Meter über dem Meeresspiegel leben, zuerst zu verspüren. Mit dem Ansteigen des Meeresspiegels werden die Folgen ungewöhnlich hoher Fluten oder durch Erdbeben ausgelöster Tsunamis verheerender. Besonders in der Karibik werden auch die Hurrikans häufiger.

Doch nicht nur die überwiegend von den Industriestaaten verursachten Klimaveränderungen bedrohen die Zukunft der Inselstaaten. Die wachsende Bevölkerung hat nur wenige Möglichkeiten, sich auf eng begrenztem Raum einen Lebensunterhalt zu verdienen. Die Intensivierung von Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus führt zu ökologischen Schäden: Versalzung der Böden, Abholzung der Wälder, Zerstörung küstennaher Ökosysteme und Korallenriffe durch Überfischung und Verschmutzung.

Zur Lösung all dieser Probleme fordern die zumeist armen Inselstaaten vor allem Technologietransfer und die Unterstützung der reichen Industrienationen. Von den Medien wahrgenommen und verbreitet wurde nur ein Ergebnis der Konferenz, die Verkündung der Errichtung eines Frühwarnsystems für Tsunamis und andere Naturkatastrophen durch UN-Generalsekretär Kofi Annan.

Der Erfolg der beschlossenen Mauritius-Strategie, die in den nächsten Jahren als »Road Map« für die Lösung der ökologischen und ökonomischen Probleme der Inseln dienen soll, wird dagegen selbst von den an ihrer Abfassung beteiligten Diplomaten bezweifelt. »Ich sehe keinen wirklichen Fortschritt im Abschlussdokument«, sagte Mohamed Latheff, Uno-Botschafter der Ende Dezember überschwemmten Malediven, »weil die Positionen einiger entwickelter Länder viel zu stark verankert sind, um wirklich etwas zu verändern.«