Unabhängig national

Nach der Ablehnung ihres Autonomieplans durch die spanische Regierung drohen baskische Nationalisten mit einem Referendum. von thorsten mense, barcelona

Überraschend wurde Ende Dezember der Autonomieplan des baskischen Regierungschefs Juan José Ibarretxe im baskischen Parlament angenommen. Die Mehrheit kam entgegen allen Erwartungen durch die Stimmen der Patriotischen Sozialisten zustande, wie sich die noch im Parlament verweilenden Mitglieder der wegen Eta-Nähe verbotenen Partei Batasuna mittlerweile nennen, die sich bislang immer gegen die Autonomievorlage gestellt hatten.

Weniger überraschend war hingegen die Ablehnung des Autonomieplans durch den sozialistischen Regierungschef José Luis Zapatero vergangene Woche. Die spanische Regierung sprach klare Worte: »Solange Zapatero Regierungschef ist, wird Spanien dem Plan niemals zustimmen«, sagte die stellvertretende spanische Premierministerin, Maria Teresa Fernandez. Die Gegner des Plans reden von der »größten Bedrohung der spanischen Verfassung« seit dem Ende der Franco-Diktatur. Neben den regierenden Sozialisten des Psoe ist auch die oppositionelle konservative Volkspartei PP entschieden gegen den Ibarretxe-Plan. Aus Solidarität mit dem »Kampf für das Selbstbestimmungsrecht der Völker« unterstützen wiederum Teile der spanischen Linken – insbesondere in den Regionen mit eigenen Unabhängigkeitsbewegungen wie Katalonien und Galizien – den Autonomieplan. Ähnlich verhält sich die Republikanische Linke Kataloniens (ERC), die Koalitionspartnerin der Sozialisten ist, und mit einem Bruch droht, sollten Psoe und PP eine Allianz gegen den Ibarretxe-Plan bilden.

»Der freie Wille der baskischen Bevölkerung wird nicht durch den Willen des Psoe oder des PP ersetzt werden«, erklärte Ibarretxe nach der Ablehnung Madrids in der vergangenen Woche. So will er »dem Volk die Stimme geben« und es in einem Referendum abstimmen lassen. Das spanische Parlament wird über den Plan im März diskutieren, dort gilt seine Ablehnung als sicher.

In Ibarretxes Vorschlag geht es darum, einen Freistaat Euskadi zu schaffen, in dem die »baskische Nationalität« der »spanischen Nationalität« gleichgestellt ist. Der baskische Staat soll in »freier Assoziation an Spanien« entstehen und weitgehende Rechte erhalten: neben der Anerkennung der »Identität des baskischen Volkes« eine unabhängige baskische Justiz, eine eigene Außenpolitik und eine eigene Vertretung gegenüber der EU. In gewohnter Weise verbindet der Plan geschickt soziale Ziele und völkische Rhetorik. Man sei gegen den Irak-Krieg und die Umweltverschmutzung, gegen die Einschränkung der Grundrechte und für »mehr Solidarität«; man sei im Grunde gegen all das, was die spanische Politik derzeit ausmache. Denn sie beweise, dass »der Baske« an sich anders sei als »der Spanier«. Wobei in dieser Frage die baskische Bevölkerung gespalten ist: Nur knapp die Hälfte der baskischen Wähler gibt ihre Stimme der Baskischen Nationalistischen Partei von Ibarretxe.

Obwohl die meisten Spanier nur sehr vage wissen, was der Ibarretxe-Plan genau beinhaltet, wird von seinen Gegnern die Verfassungswidrigkeit als Hauptargument benutzt. Und auch in der Linken scheinen die Bedingungen zu fehlen, eine grundsätzliche Diskussion über die Autonomiebestrebungen des Baskenlands zu entwickeln. Ob man die spanische, die baskische, die katalanische oder die galizische Flagge aus dem Fenster hängt, hat mit linken Positionen nichts zu tun. Denn eigentlich bewegen sich alle Meinungen im rechten oder linksnationalen Rahmen und völkischen Denken. Eine grundlegende Kritik an der Konstruktion von Volk und Nation ist dabei sehr selten zu hören.