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Die große Verstopfung

Hacker. Es gibt Dinge, die sind immer da. Ein Leben ohne sie scheint unvorstellbar. Dieses beinahe eherne Gesetz über die immer währende Verfügbarkeit bestimmter Dinge schien jedoch in den Augen sehr vieler Internet-User gebrochen: heise.de war nicht mehr erreichbar. Anfang voriger Woche wurde das mit monatlich rund 17 Millionen Besuchern größte und renommierteste deutsche IT-Nachrichtenportal lahm gelegt. heise.de hatte in der Vergangenheit des Öfteren über dubiose Unternehmen berichtet, die ihr Geld mit so genannten Dialern oder dem Handel von E-Mail-Adressen verdienen. Das hatte in einigen Fällen zur Schließung geführt, weil die Rechercheergebnisse von heise.de auch für die Staatsanwaltschaft relevant waren.

Zum Heise-Verlag gehören das Computermagazin c’t, das mit einer gedruckten Auflage von 500 000 Exemplaren und 235 000 Abonnenten die größte Computerzeitschrift Deutschlands und der Schweiz ist. Dazu kommen andere Fachzeitschriften und das kritische Online-Magazin telepolis.

Die so genannte Denial-of-Service-Attacke (DoS) auf heise.de stellte so viele Anfragen an die Server, dass diese kollabierten. Durch diesen Angriff kam es zu einem »Netz aus Rechnern, die durch einen Virus infiziert sind und ferngesteuert werden«, sagt Erik von Hoerschelmann, der Pressesprecher des Heise-Verlages. Zudem wurde die Attacke aktiv gesteuert. Als Techniker bei Heise versuchten, den Angriff abzuwehren, passten die Hacker sich den Maßnahmen sehr schnell an, sagt Hoerschelmann weiter. Ergebnis war, dass heise.de für mehrere Stunden nicht zu erreichen war.

Das Neue Deutschland vermutet, dass hinter den Attacken ein Racheakt von »Spammern« stehen könnte. Dabei handelt es sich um eben jene Firmen, die mit E-Mail-Adressen handeln, um danach die Postfächer massenhaft mit Werbung zu verstopfen. »Zur gleichen Sparte gehören die Entwickler von so genannten ›Dialern‹, die bei Anklicken eines vermeintlichen Angebotes im Netz unbemerkt eine 0190-Telefonnummer wählen und pro Minute einige Euro in Rechnung stellen«, heißt es im ND. Hoerschelmann meint dazu, dass diese Möglichkeit zwar bestehe, »an Spekulationen wollen wir uns jedoch nicht beteiligen.« Konkrete Hinweise gebe es bisher jedoch nicht. Der Heise-Verlag hat eine Belohnung von 10 000 Euro für das Erfassen der Täter ausgesetzt. (jm)

Der feine Kerl

Max Schmeling. Die sportlichen Meriten sind schnell aufgezählt: 1926 deutscher Meister, 1927 Europameister, 1930 Weltmeister und 1936 der Mann, der Joe Louis K.o. schlug. Die Bedeutung, die der Boxer darüber hinaus erlangte, korrespondiert damit: 1926 war Schmeling weitgehend unbekannt, 1927 galt er als Symbol der Demokratie, 1930 spottete Carl von Ossietzky über den »langen schlaksigen Gladiator von negroidem Einschlag«, und 1936, als Adolf Hitler die Bilder von Schmelings Sieg über Joe Louis sah, brüllte der Diktator: »Goebbels, hören Sie, das kommt nicht in die Wochenschau! Dieser Film muss als Hauptfilm laufen! Im ganzen Reich!«

Schmeling war kein Nazi, wollte keiner werden, aber auch die Nazis wollten ihn nicht als Parteigenosse haben. Dass »ein sportlich so auf der Höhe stehender Mann wie Schmeling dem deutschen Volke mehr nutzen kann«, dekretierte Heinrich Himmler, »wenn er weder der SS noch der SA, der NSKK oder sonst einer Gliederung angehört«.

Aber Schmeling nutzte nicht nur dem System, er half auch vom System verfolgten Menschen, und nur ungern sprach er darüber: 1938 versteckte er zwei jüdische Jugendliche während der so genannten Reichskristallnacht, 1941 setzte er sich für einen der »Rassenschande« bezichtigten Boxkollegen ein, 1944 erreichte er, dass ein niederländischer Soldat nicht getötet wurde. Drei Beispiele von vielen, die auch zum Leben von Max Schmeling gehören.

Am Mittwoch, dem 2. Februar 2005, starb Max Schmeling im Alter von 99 Jahren in Hollenstedt bei Hamburg. (beng)

Der Untergang

Helmut Lang. Der Meister hat sich aus der Modebranche zurückgezogen. Damit geht das Wegsterben der großen Modezaren, die die letzten Jahrzehnte geprägt haben, weiter. Zuletzt hatten Tom Ford und Jil Sander ihre eigenen Labels verlassen, und langsam werden sie damit rar, die Modeschöpfer, die jenseits der ganz großen Firmen Klamotten entwerfen, die du, lieber Leser, dir freilich eh nicht leisten kannst.

Wo steuert sie also hin, die Glamour-Branche, die Haute Couture? Karl Lagerfeld hat mit seiner Kreation für H&M wohl bereits die Richtung aufgezeigt: zum Grabbeltisch. (aha)

Unbekannter Beat

Lucien Carr. Mit Lucien Carr, so geht die Legende, ging es überhaupt erst los mit der Beat Generation damals, mit Burroughs, Ginsberg und all den anderen. Dabei blieb Carr immer der große Unbekannte, an den sich heute kaum noch jemand erinnert. Das liegt wahrscheinlich daran, dass er selbst nichts Bleibendes zur Beat Generation beitrug, keine Gedichte, keine Romane, nichts dergleichen. Er war eher Muse und Inspirator, der angeblich Allen Ginsberg Rimbaud näher gebracht hat und der Jack Kerouac das Papier geliefert haben soll, auf dem dieser »On the Road« schrieb.

Lucien Carr war also einer der wichtigsten Antreiber der Bewegung, ein Freund von William S. Burroughs und ist bis heute doch nur eine Randnotitz. Wie es ohne ihn gekommen wäre, wissen wir nicht. Ende vorletzter Woche ist er in Washington einem Krebsleiden erlegen. (aha)