Soll ich?

Berlinale-Film »Paradise Now«

»Paradise Now«, der eben auf der Berlinale gezeigt wurde und dort den Publikumspreis gewann, ist ein Film des Regisseurs Hany Abu-Assad. Sein Thema ist der Zweifel. Khaled und Said, zwei junge Palästinenser, sollen einen Selbstmordanschlag in Tel Aviv ausführen. Nachdem sie von ihrer Organisation rekrutiert worden sind, müssen sie sich durch rituelle Selbstbeschwörungen die Frage vom Leib halten, ob das, was sie da vorhaben, richtig ist. Kaum sind Khaled und Said auf israelischem Territorium, zwingt sie ein Militärjeep zur Umkehr. Dabei werden die beiden Männer getrennt. Während Khaled zu seinen Auftraggebern zurückfindet, irrt Said mit dem Spengstoffgürtel um den Bauch, den er nicht selbst entfernen kann, und von Selbstzweifeln verfolgt durch das Grenzgebiet, durch Nablus und schließlich wieder zurück nach Israel. Dass er dort doch noch den Sprengsatz zündet, ist ein letzter Versuch, den Zweifel zu besiegen. Dies jedoch ist nur möglich auf Kosten des eigenen Lebens und desjenigen vieler anderer.

Der Zweifel ist der einzige Weg, am Leben zu bleiben. Er ist daher auch die einzig mögliche emanzipatorische Haltung in diesem Konflikt. Dies ist die politische Aussage eines Films, der damit in die palästinensische Diskussion um die Zukunft der eigenen Gesellschaft und des Kampfes gegen die israelische Besetzung eingreift. Es geht diesem Film nicht darum, Verständnis für die Selbstmordattentate zu wecken, sondern die Verwüstungen aufzuzeigen, welche der Konflikt in der palästinensischen Gesellschaft hinterlassen hat. Ohne die Legitimität des Kampfes gegen die Besatzung in Frage zu stellen, erschüttert er doch die Gewissheit, dass dieser Kampf gewaltsam geführt werden muss und dass die Selbstmordattentäter Helden sind.

»Paradise Now« wurde von einer israelischen Firma koproduziert, und die israelische Filmförderung hat nach der Berliner Premiere finanzielle Unterstützung für den Vertrieb in Israel zugesagt.

stefan vogt