»Unter die Räder gekommen«

Warum haben die Kommunisten bei den Wahlen so schlecht abgeschnitten? Und wie geht es weiter im Irak? Fragen an den Kultusminister mufid mohammed al-jazairi

Bei den Wahlen zum irakischen Übergangsparlament gewann Ende Januar die schiitische Vereinigte Irakische Allianz 48 Prozent der Stimmen und die absolute Parlamentsmehrheit. Das Wahlbündnis der Kommunistischen Partei, die Volksunion, erhielt nur 0,8 Prozent der Stimmen und zwei Sitze, zu denen noch drei Mandate der kurdischen Kommunisten hinzukommen.

Mufid Mohammed al-Jazairi ist Mitglied der Irakischen Kommunistischen Partei und gehört als Kulturminister der bisherigen irakischen Regierung an.

Warum hat die Kommunistische Partei bei den ersten freien Wahlen im Irak so schlecht abgeschnitten?

Der wichtigste Grund war wohl, dass die Iraker nach Jahrzehnten der panarabischen ba’athistischen Diktatur ein Bekenntnis zur eigenen ethnischen oder religiösen Gruppe für wichtiger hielten als die Wahl einer Partei mit einer politischen Orientierung. Deshalb haben die meisten Schiiten die Vereinigte Irakische Allianz gewählt, die meisten Kurden die Kurdische Liste und so weiter. Eine weder ethnisch noch religiös orientierte Partei wie die kommunistische kam dabei unter die Räder.

Wir sind zwar alle froh, dass die Wahlen überhaupt stattfinden konnten. Wenn man den anhaltenden Terror, die fehlenden Wählerregister usw. bedenkt, muss man sagen, dass die Wahlen auch relativ fair verlaufen sind. Allerdings gab es in einigen Gebieten erhebliche Probleme. So hat die Vereinigte Irakische Allianz mit dem Namen von Ayatollah Ali al-Sistani geworben, was eigentlich verboten war. Zudem hat diese mehrheitlich schiitische Liste religiöse Symbole für die Wahlen missbraucht. Die Regierungspartei von Ministerpräsident Iyad Allawi wiederum hat immer wieder staatliche Institutionen für die eigene Werbung eingesetzt. Wir als kleine Partei mit weniger Geld konnten mit solchen Propagandamaschinen einfach nicht konkurrieren.

Wird die Kommunistische Partei angesichts ihres schlechten Wahlergebnisses in der Regierung bleiben?

Derzeit ist noch immer die alte Übergangsregierung im Amt, in der ich Kulturminister bin. Wie es in der neuen Übergangsregierung aussehen wird, die in ein bis zwei Wochen gebildet werden wird, wissen wir noch nicht.

Die Frage einer Regierungsbeteiligung der KP ist noch offen?

Ja. Und diese Frage ist letztlich zweitrangig. Wichtiger ist, dass wir ein Teil des politischen Prozesses im Irak bleiben. Unabhängig davon, ob wir selbst in der Regierung oder in der Opposition sind, werden wir uns weiter am politischen Aufbauprozess des Landes beteiligen. Und wir hoffen, dass wir uns bis zum nächsten Jahr, wenn das erste reguläre Parlament gewählt wird, besser organisieren können. Vielleicht wählen die Leute dann wirklich politische Parteien und nicht nur religiöse oder ethnische Listen.

In Europa fürchten viele Linke, dass der Irak nach diesem Wahlergebnis zu einem islamischen Staat werden könnte. Wie sehen Sie das?

Ich halte eine solche Entwicklung für ausgeschlossen. Zuerst einmal haben sich alle Parteien der Vereinigten Irakischen Allianz öffentlich zu einer Mehrparteiendemokratie bekannt und erklärt, dass sie demokratische islamische Parteien sein wollen. Die Vereinigte Irakische Allianz hat sich damit klar für einen demokratischen Prozess ausgesprochen. Außerdem besitzen die Islamisten gemeinsam keine Zweidrittelmehrheit, um die Verfassung zu ändern. Sie müssen also einen Kompromiss mit den anderen politischen Kräften finden, die keine islamische Verfassung, sondern einen säkularen Staat wollen.

interview: thomas schmidinger