Mission erfüllt

Italienischer Truppenabzug aus dem Irak von federica matteoni

Dass ausgerechnet die Mitarbeiterin einer kommunistischen Tageszeitung die Regierung von Silvio Berlusconi indirekt zu wichtigen außenpolitischen Entscheidungen zwingen würde, hätte niemand für möglich gehalten. Doch durch die Entführung der Journalistin Giuliana Sgrena und die Umstände ihrer Befreiung, die mit der Erschießung des Geheimdienstagenten Nicola Calipari durch US-amerikanische Soldaten endete, ist die italienische Regierung unter starken Druck geraten. Mit seiner Ankündigung von voriger Woche, ab September die italienischen Truppen aus dem Irak abzuziehen, versucht Berlusconi, die Affäre Sgrena doch noch zum eigenen politischen Vorteil zu nutzen.

Ob es sich um entführte Bodyguards oder Entwicklungshelferinnen oder um umgekommene Soldaten handelte, immer wenn es die Landsleute im Irak traf, gingen in den vergangenen zwei Jahren hunderttausende von Italienern auf die Straßen, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Diese Reaktion erreichte in den vergangenen Wochen mit der patriotischen Hysterie, zu der sich die Trauer um den toten Agenten steigerte, ihren vorläufigen Höhepunkt.

Die öffentliche Meinung lehnt die Irakpolitik der Regierung Berlusconi weitgehend ab. Das kann der italienische Premier nicht länger ignorieren, zumal in drei Wochen die wichtigen Regionalwahlen anstehen, die letzte Probe vor den Parlamentswahlen, die 2006 stattfinden werden.

Die meisten Kommentatoren interpretierten den angekündigten Truppenabzug deshalb als Wahltaktik. Vor allem empörten sie sich über die Art und Weise, mit der Berlusconi diesen wichtigen außenpolitischen Schritt ankündigte. Das Parlament, das am selben Tag für die Verlängerung der Irak-Mission bis Ende Juni stimmte, war Berlusconi offenbar nicht medienwirksam genug, weshalb er die Nachricht lieber in einer Fernsehsendung verkündete. Am folgenden Tag war in den meisten Tageszeitungen zu lesen, Berlusconi habe damit »wenig Respekt vor den staatlichen Institutionen« gezeigt. Als wäre das zum ersten Mal geschehen. Vielleicht haben die Kommentatoren die großartige Inszenierung des »Vertrags mit den Italienern« vergessen, den Berlusconi im Jahr 2001 als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten in derselben Fernsehsendung unterzeichnete. Dass er sich vor der Kamera wohler fühlt als im Parlament, ist nun wirklich nichts Ungewöhnliches.

Doch diese populistische Taktik bringt auch Nachteile mit sich. Nicht nur an der »Freude« des spanischen Premierministers, José Luis Zapatero, muss Berlusconi gemerkt haben, dass er seine Aussagen schnell präzisieren musste. Auch die Verbündeten reagierten irritiert. US-Präsident George W. Bush beeilte sich zu erklären, dass »jeder Rückzug unter den Alliierten beraten« werde. Keineswegs wolle er sich verbindlich und einseitig aus der »Koalition der Willigen« verabschieden, Italien sei weiterhin ein wichtiger Partner der USA, stellte Berlusconi am Tag nach seinem Fernsehauftritt fest. »Ich habe doch nur gesagt, dass ich auf den Abzug hoffe, und zwar schon ab September.«

Berlusconi versucht, den »Wunsch« nach einem Abzug aus dem Irak, »sobald die Sicherheitslage es ermöglicht«, als Vollendung der italienischen »Friedensmission« zu verkaufen. Damit könnte er zwei Ziele erreichen: sich von der unpopulären US-amerikanischen Irakpolitik zu verabschieden, ohne sich als neuer Zapatero zu präsentieren, und der parlamentarischen Linken ein wichtiges Argument für ihre Wahlkampagne zu nehmen.