Streit unter Kameraden

In der FPÖ wird nach mehreren Wahlniederlagen über eine Neugründung der Partei, den Rauswurf des ehemaligen Parteiideologen Mölzer und den Bundesvorsitzenden gestritten. von jutta sommerbauer,wien

In der Gerüchteküche der FPÖ brodelt es gewaltig. Bei den »Blauen« ist von Parteiausschlüssen und Ablösekämpfen die Rede. Falls Jörg Haider und die so genannten »Konstruktiven« mit ihrer Neugründung der FPÖ wirklich Ernst machen, so hat man zumindest schon eine passende Parteifarbe gefunden: Orange. »Aufbruch und Erneuerung« bedeute die derzeitige Modefarbe, erklärt Gernot Rumpold, dessen Kommunikationsagentur den FPÖ-Parteitag am 23. April ausrichten wird.

Andreas Mölzer sieht das anders. »Wenn diese Partei eine orangefarbene Wellnessgruppe sein soll, ohne Inhalte und ohne weltanschauliche Fundierung, wird sie kein langes Leben haben«, polemisierte er in einem Interview mit der Tageszeitung Der Standard. Mölzer ist Chefredakteur und Herausgeber der Wochenzeitung Zur Zeit, des österreichischen Pendants der Jungen Freiheit, und hat Gründe für seinen Ärger. Nachdem er Mitte März einstimmig aus der Kärntner Landespartei ausgeschlossen wurde, steht in dieser Woche sein Rauswurf aus der Bundespartei bevor. Der frühere vertraute Haiders kritisierte in seinen Kommentaren wiederholt die Parteispitze. Die FPÖ sei Teil des politischen Establishments und handzahm geworden. Damit hatte er es sich mit seinem früheren Weggefährten und Förderer ordentlich verscherzt. Haider warf dem ehemaligen Leiter der Parteiakademie parteischädigendes Verhalten vor. Gleichzeitig sicherte er zu, dass die nationale Linie der FPÖ bei ihm weiterhin »in guten Händen« sei. Doch der Rauswurf von Mölzer spaltet die Partei. Vor allem unter den deutsch-nationalen Kräften regt sich Unmut über diesen Schritt. Solidarisierungserklärungen und Leserbriefe in Zur Zeit beklagen die ideologische »Aufweichung« der FPÖ.

Wer neuer Vorsitzender der Bundespartei wird, ist der nächste Streitpunkt. Der Konflikt darüber wurde in den vergangenen Wochen zwischen Jörg Haider und dem Landesparteiobmann von Wien, Heinz-Christian Strache, ausgetragen. Beide haben ihre Kandidatur angeboten. Strache, der sich mit den Worten, »hart in der Sache, aber herzlich zu den Menschen«, auf seiner Website anpreist, ist ein Konkurrent Haiders aus den eigenen rechten Reihen.

Im derzeit bereits anlaufenden Wahlkampf für die Wiener Gemeinderatswahlen, die im März 2006 stattfinden sollen, wirbt Strache mit Sprüchen wie: »Wien darf nicht Istanbul werden.« In einer Rede während des Wiener Landesparteitags erklärte er, dass ein EU-Beitritt der Türkei »das europäische Modell zu Fall bringen würde« und beschwor die Gefahr eines »Präzendenzfalles« herauf, wenn »Länder wie Marokko, Algerien und vielleicht Israel auch noch Mitglieder werden wollen«. In Wien hat Strache immerhin 20 Prozent der Wählerstimmen zu verteidigen.

Hintergrund der derzeitigen Flügelkämpfe in der Partei sind der Popularitätsrückgang und die Stimmenverluste der FPÖ bei allen Wahlen der vergangenen Monate. Nach Niederlagen bei den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich und der Steiermark, wo die FPÖ in der Bedeutungslosigkeit versank, setzte sich der Abwärtstrend bei den Wirtschaftskammerwahlen Mitte März fort.

Noch ist offen, wer im Machtkampf das letzte Wort haben wird. Ob es wirklich zum großen Duell Strache gegen Haider kommt, wird sich in den kommenden Tagen entscheiden, wenn die Kandidaturen offiziell bekannt gegeben werden. Allerdings sprach sich FPÖ-Klubobmann Scheibner am Donnerstag vergangener Woche bereits gegen eine Kandidatur Straches aus. Er erklärte, dass die derzeitige Parteichefin, Ursula Haubner, und Jörg Haider vereinbaren sollten, wie sie ihre Rollen künftig verteilen wollen. Haider wäre das sicher am liebsten. Haubner ist seine Schwester, und sie ist absolut loyal. Dann bliebe alles in der Familie.