Hurra, noch ein Staat!

UN-Politik im Kosovo von boris kanzleiter, belgrad

Der Leiter der UN-Übergangsverwaltung im Kosovo (Unmik), Søren Jessen-Peterson, erbrachte am Freitag eine erstaunliche Leistung. Obwohl alle Menschenrechtsorganisationen genau das Gegenteil sagen, erklärte der Däne vor dem UN-Sicherheitsrat, im Kosovo gebe es »deutliche Fortschritte«. Der Aufbau von demokratischen Institutionen sei vorangekommen, die Sicherheitslage, die Situation für nicht albanische Minderheiten und die wirtschaftliche Lage hätten sich in den vergangenen Jahren in jeder Hinsicht verbessert.

Galt bisher das Motto, dass zuerst demokratische Standards im Kosovo erfüllt sein müssten, bevor über die umstrittene Statusfrage verhandelt werden könne, wird jetzt offensichtlich nach neuen Regeln verfahren. Weil die Standards von der Unmik bisher nicht durchgesetzt werden konnten, behauptet die Verwaltung nun einfach, dass sich die Lage verbessert habe. Dabei wurden auch unüberprüfbare Behauptungen in die Debatte eingebracht. So meinte Jessen-Peterson beispielsweise, die Rückkehr von über 200 000 serbischen Flüchtlingen sei erst dann wahrscheinlich, wenn die Statusfrage beantwortet sei. Zutreffend bezeichnete Nebojsa Covic, der serbische Gesandte beim UN-Sicherheitsrat, das Ganze als »Halluzination einer virtuellen Realität«.

Offensichtlich ist, dass die Unmik es eilig hat, die Verhandlungen über die Statusfrage zu beginnen. Dafür gibt es einen einfachen Grund. In der Region sind über sechzig Prozent der Bewohner arbeitslos, nun wächst der Unmut über eine internationale Behörde, die als Hort von Korruption, Stillstand, Inkompetenz und Ineffizienz gilt.

Gelingt es Jessen-Peterson, seinen Zeitplan, der den Beginn der internationalen Verhandlungen für Herbst vorsieht, einzuhalten, hat sich die Unmik aber in Schwierigkeiten manövriert. Erlangt das Kosovo doch keine Souveränität, werden sich die Aggressionen der Kosovo-Albaner noch stärker gegen die Unmik richten. Stimmt die »internationale Gemeinschaft« aber einem unabhängigen Kosovo zu, ist bereits jetzt vorhersehbar, dass ein Staat ohne demokratische und menschenrechtliche Standards entstehen wird. Und darunter leidet dann nicht nur die serbische Minderheit.