Nachrichten

Mrs. Robinson

Anne Bancroft. »God bless you, please, Mrs. Robinson«, sangen Simon & Garfunkel damals in »The Graduate« (Die Reifeprüfung) von Mike Nichols. Sie huldigten mit dem Song der Frau, die in dem Film den Frischling Dustin Hoffman verführte, ihn in die Geheimnisse und Abgründe der Sexualität einweihte. Damals, Anfang der Siebziger, war das unerhört: Eine Hausfrau verführt einen Knaben. Verkörpert wurde diese Mrs. Robinson von Anne Bancroft, die mit dieser Rolle unsterblich wurde.

Geboren wurde sie 1931 als Anna Maria Louisa Italiano in der Bronx, als Kind italienischer Einwanderer. Erste Erfolge beim Film stellten sich nach einigen tragenden Rollen für Arthur Penn ein. Für die Darstellung einer Lehrerin in dessen Film »The Miracle Worker« (Licht im Dunkel) erhielt sie 1962 den Oscar.

Man kennt Anne Bancroft auch aus vielen weiteren Klassikern, aus David Lynchs »Der Elefantenmensch«, aus Mel Brooks’ »Sein oder Nichtsein«, doch sie blieb eben vor allem die Frau, die Mrs. Robinson war, die Frau, die sich den grünschnabeligen Dustin Hoffman gefügig gemacht hatte. »Alle Männer, die ich danach traf«, sagte sie einmal, »hatten wohl immer diese eine Szene im Hinterkopf.«

Letzte Woche ist Anne Bancroft im Alter von 73 Jahren in New York verstorben. (aha)

Glotzen und beten

Fliege. Die ARD will den Fernsehpfarrer Jürgen Fliege samt seiner Sendung »Fliege« nicht mehr haben. Die Quote ist im Keller, und selbst Senioren machen nachmittags lieber einen Spaziergang, als sich von Flieges Betroffenheitsgesäusel berieseln zu lassen. Aber Fliege hat Pläne. Er will »auch gern noch etwas Neues probieren«, sagte er der Süddeutschen Zeitung. »Wie sehen Fernsehzeremonien, die wir aus den USA kennen, auf dem Kulturboden Europas aus? Eine einstündige Sonntagssendung im Stil von Hour of power – das reizt mich.« Erweckungsgottesdienste im Fernsehen von Fliege, darauf haben wir doch alle gewartet. (aha)

Afrika sagt Danke

»Live 8«. Bob Geldof, Sir Bob, einer der besten Menschen der Welt, kehrt zurück. Ewige Berühmtheit erlangte der ehemalige Sänger der Boomtown Rats als Initiator des »Live-Aid«-Festivals 1985. Er ist somit Verursacher dieser ganzen Band-Aid-Geschichten, die darauf folgten. Ihm verdanken wir letztlich auch solche Undinge wie »Nackt im Wind«, den deutschen Beitrag von schlimmen Promis zur Rettung der Welt. Ohne Bob Geldof wäre vielleicht auch Bono nicht der Bono, wie wir ihn heute kennen, und Sting würde eventuell nur halb so eifrig den Regenwald retten.

Dieser Bob Geldof also, der Mann mit dem Heiligenschein, plant nun eine Neuauflage von »Live Aid«. Das Spektakel soll als Teil eines Projekts gegen die Armut in Afrika , das sich »Make Poverty History« nennt, am 2. Juli in London, Philadelphia, Berlin, Paris, Rom, Tokio und Ottawa über die Bühne gehen und ein Signal an den vier Tage später beginnenden G 8-Gipfel in Edinburgh senden.

Anders als »Live Aid« soll es bei »Live 8« nicht um Spenden gehen, sondern eben hauptsächlich um das Signal. Geldof wolle, so ließ er verlauten, dass die Politiker des Gipfels nicht nur an ihre eigenen Interessen, sondern an die Afrikas denken. Er wolle sich mit seiner Aktion für die Entschuldung des Kontinents einsetzen, für mehr Entwicklungshilfe und einen fairen Welthandel.

Geldof hat für seine Ideen einige weitere notorische Menschenfreunde gewinnen können. Auf der Pressekonferenz, auf der sein Projekt in Berlin vorgestellt wurde, stand ihm unser Bester, Campino, zur Seite. Wer auch sonst. Von Deutschland verspreche sich Geldof bei der Durchführung seiner »Live-8«-Initiative einiges. »Ihr seid noch immer das drittreichste Land der Welt, auch wenn ihr euch im Moment nicht so fühlt«, sagte er und meinte, dass dieses Land mit gutem Beispiel vorangehen und Afrika entgegengehen solle.

Interessant ist auch das Neben- und Zusatzprogramm, das Geldof anlässlich von »Live 8« vorgesehen hat. Eine Million Menschen erhofft er sich in der Nähe Edinburghs, um dort gegen den Gipfel des Anstoßes zu demonstrieren. Aus den USA soll eine Flotte von Privatjets unter der Führung von John Travolta starten, und von Frankreich erwartet er 10 000 Segelschiffe in Richtung Schottland. Das geplante Szenario macht deutlich, worum es Geldof geht: um den Krieg gegen die da oben. Die Queen immerhin, so hört man, nimmt Geldof ernst: Sie hat ihren jährlichen Sommerurlaub in Schottland verschoben.

Doch bevor es so weit ist, bevor Edinburgh in Schutt und Asche versinkt und Sir Bob Afrika rettet, muss man ja leider noch die Mobilisierungsveranstaltung, das Festival am 2. Juli, hinter sich bringen. Und da sieht es bislang finster aus. Namen wie 50 Cent, Eminem, Robbie Williams und Coldplay werden genannt. Aber auch Peter Maffay, Elton John, Johnny Halliday, A-ha, Duran Duran, Bap und Geldof selbst sollen auftreten, also teilweise auch Gestalten, die bereits bei »Live Aid« mit dabei waren. Die Achtziger, sie sind also wieder voll da. Die Achtziger und das Grauen. Alles kommt zurück, »Live Aid« in anderer Verpackung und demnächst die CDU, vielleicht hält Helmut Kohl am 2. Juli in Berlin ja eine Begrüßungsrede. (aha)

Vor der Maniküre

»Struwwelhitler«. Soeben ist eine wunderbare Obskurität der britischen Propaganda gegen Nazi-Deutschland aus dem Jahr 1941 endlich auch auf Deutsch erschienen: »Struwwelhitler – A Nazi Story Book by Dr. Schrecklichkeit«. Das Buch ist eine groteske Satire auf Adolf Hitler, der hier zum »Struwwelhitler« samt ungepflegten Haaren und Fingernägeln mutiert. Ein großer Spaß ist das Ganze, auch heute noch. (aha)