Dubiose Bauarbeiter

Neonazis helfen dem neuen Eigentümer des ehemals besetzten Ernst-Kirchweger-Hauses in Wien, die Räumung vorzubereiten. von thomas schmidinger, wien

Der neue Besitzer des Hauses, in dem sich das einzige autonome Zentrum Österreichs befindet, macht Druck. Am Dienstag vergangener Woche tauchte Christian Machowetz mit dubiosen »Bauarbeitern« in dem Gebäude auf, das nach dem Kommunisten Ernst Kirchweger benannt ist, der im Jahr 1965 von Neonazis ermordet wurde. Machowetz erklärte, Türen ausbauen zu wollen. Ein Vertreter des Immobilienbüros Petri und Co. und drei Polizeibeamte waren ebenfalls zugegen.

Die KPÖ hat das Gebäude Ende vergangenen Jahres verkauft, antifaschistische Gruppen behaupten, an Neonazis. Der neue Eigentümer, Christian Machowetz, soll früher Mitglied der »Aktion Neue Rechte« gewesen sein. Er selbst spricht von einer Verwechslung. (Jungle World, 49/04) Auf Fotos auf der Webseite www.ekhbleibt.info sind aber einige der »Bauarbeiter« als Teilnehmer von Neonazi-Demonstrationen in Wien zu sehen. Die KPÖ-Spitze um Walter Baier bestreitet die Neonazi-Verbindungen dennoch weiterhin.

Das Angebot von Nutzern des EKH, die Tür zwischen den Veranstaltungsräumen und dem Wohnbereich bis 16 Uhr selbst zu entfernen, wurde vom Eigentümer abgelehnt. Die »Bauarbeiter« begannen sofort damit, die Eingangstür und dann die Tür im ersten Stock auszubauen. Besucher und Bewohner des Hauses konnten allerdings weitere Baumaßnahmen verhindern.

Einer der »Bauarbeiter« gab sich bereits Ende Mai mit zwei anderen Männern als Wohnungsinteressent aus, um die Räumlichkeiten zu besichtigen, berichteten Bewohner des Hauses. Die ungebetenen Besucher wurden damals jedoch mit einer kalten Dusche verjagt. Machowetz’ Security-Firma hat unter anderem Ordnerdienste bei Burschenschaftertreffen, bei einer Gedenkveranstaltung für den NS-Flieger Walter Nowotny und der Neonazidemonstration gegen die Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht« geleistet.

Das Zentrum wurde im Jahr 1990 von Wiener Autonomen und linken türkischen Gruppen besetzt. Später einigten sich die Besetzer mit der KPÖ auf eine symbolische Miete von einem Schilling. Der Mietvertrag der derzeitigen Bewohner im Ernst-Kirchweger-Haus lief bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres. Obwohl vor Gericht noch Verfahren anhängig sind, wird für den 30. Juni eine Räumung befürchtet

Während das Zentrum einige Monate lang wegen der großen Solidarität der Wiener Linken - auch Mitglieder der KPÖ zeigten sich solidarisch und traten aus der Partei aus - weiter betrieben werden konnte, versucht der neue Besitzer nun offensichtlich, die Räumung einzuleiten. Vorerst scheint er dafür jedoch keine ausreichende rechtliche Grundlage zu haben. Es blieb einstweilen bei einer Machtdemonstration.

Die KPÖ weist jede Schuld an der Eskalation von sich und entzieht sich der Verantwortung. In einer Presseerklärung hieß es, die Partei fordere »die Gemeinde Wien erneut auf, politisch aktiv zu werden«. Zudem seien »neben der SPÖ [...] auch die Wiener Grünen gefordert, Stellung zu beziehen und sich aktiv für frei nutzbare Politik-, Kommunikations- und Kulturräume in unserer Stadt einzusetzen«.

In den vergangenen Monaten haben Sympathisanten des EKH immer wieder kurzfristig »Ersatzobjekte« besetzt. Mehrere tausend Menschen beteiligten sich zudem an Solidaritätsdemonstrationen für das autonome Zentrum, ein deutliches Lebenszeichen der totgesagten autonomen Szene in Wien. Auch wenn die Nutzer und Sympathisanten des Zentrums eine militante Auseinandersetzung um das EKH kaum gewinnen können, hat sich der Druck auf die KPÖ und somit auch auf den neuen Besitzer in den vergangenen Wochen erhöht.