Gute Katholiken

Referendum in Italien

Das Referendum in Italien Anfang voriger Woche war eine Prüfung für die laizistische Ausrichtung des Staats. Die italienische Bevölkerung sollte darüber abstimmen, ob das Gesetz zur künstlichen Befruchtung abgeschafft werden soll. Es verbietet die embryonale Stammzellenforschung und die Ei- und Samenspende. Italien hat somit das strengste Fortpflanzungsgesetz in Europa. Mindestens 50 Prozent der Italiener hätten sich an dem Referendum beteiligen müssen. Es waren aber nur 25,9 Prozent. Damit ist das Gesetz weiterhin in Kraft.

»Die Reife des italienischen Volkes hat mich sehr beeindruckt«, kommentierte Kardinal Camillo Ruini, der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, triumphierend das Scheitern der Abstimmung. Er führte die Kampagne an und wiederholte die Aufrufe zum Referendumsboykott unaufhörlich von der Kanzel herab und auf allen Fernsehkanälen.

Der neue Papst Benedikt XVI. hat sich ebenfalls in die italienische Innenpolitik eingemischt und Italiens Katholiken dazu aufgerufen, nicht an dem Referendum teilzunehmen. »Gerade in seiner Klarheit und Konkretheit ist euer Einsatz Ausdruck der Sorge von euch Hirten für jedes menschliche Leben«, sagte er kurz vor der Abstimmung zu Mitgliedern der italienischen Bischofskonferenz.

Mehr als 20 000 Pfarreien schlossen sich dem Boykott an. Hunderte katholische Vereinigungen arbeiteten mit den Bischöfen zusammen, die katholische Presse stellte sich ganz und gar den Referendumsgegnern zur Verfügung.

Der Erfolg der Kirche und der konservativen Gruppen hat vor allem mit der Unwissenheit der Bevölkerung bei dem Thema des Referendums zu tun. Im Fernsehen wurde nur wenig über künstliche Befruchtung und Stammzellenforschung informiert. Auch die Linke entwickelte keine eindeutige Position in der Debatte und konnte daher dem katholischen Moralismus nichts entgegensetzen. Ein Teil der Linken, unter anderem die Rifondazione Comunista und die Linksdemokraten (DS), rief dazu auf, an dem Referendum teilzunehmen.

In dieser Situation konnte sich die katholische Kirche ungebremst als Verteidigerin eines Gesetzes aufspielen, das die patriarchal geprägte Familie und implizit die heterosexuelle Partnerschaft als Norm festschreibt. Nur zeugungsunfähigen Paaren, die in einer stabilen heterosexuellen Beziehung leben, ist eine künstliche Befruchtung erlaubt. Es dürfen keine Samen- oder Eizellen von fremden Spendern verwendet werden. Zudem müssen zwei oder drei Eizellen gleichzeitig implantiert werden, da das Gesetz das Einfrieren von Embryonen verbietet. Das bedeutet ein höheres Risiko für die Frauen. Drillingsgeburten sind keine Seltenheit.

Das Fortpflanzungsgesetz widerspricht zudem den Regelungen des Abtreibungsgesetzes. Dort ist festgelegt, dass ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten 90 Tagen legal stattfinden kann. In dem Fortpflanzungsgesetz wird den Frauen, die sich künstlich befruchten ließen, eine Abtreibung unter allen Umständen untersagt. Die Eizelle wird als Subjekt definiert, das mit denselben Rechten wie die Mutter ausgestattet ist.

Obwohl das Referendum scheiterte, versprachen liberale Abgeordnete, sich dafür einzusetzen, dass das Fortpflanzungsgesetz geändert werde. Das Gesetz liegt momentan dem Verfassungsgericht zur Prüfung vor, da einige Richter Einsprüche erhoben haben. Vertreter der kleinen Radikalen Partei, die das Referendum gefordert hatte, befürchten allerdings, dass wegen des politischen Klimas eher das Abtreibungsgesetz in Gefahr sein könnte. »Das Problem in unsrem Land ist, dass es an Laizismus fehlt«, sagte das Vorstandsmitglied Emma Bonino vergangene Woche.

filippo proietti