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Versöhnung und Spaltung

»Live 8«. Bob Geldofs geplantes »Live-8«-Festival, das am 2. Juli in mehreren Städten stattfinden soll, schlägt immer höhere Wellen. Nun haben sogar die alten Kämpen von Pink Floyd bekannt gegeben, sich für die Veranstaltung nochmals in Originalbesetzung (Syd Barrett mal außen vor gelassen) zusammenraufen zu wollen. Was allerdings eine Sensation ist, denn der ehemalige Kopf der Band, Roger Waters, und sein früherer Kollege David Gilmour, galten als hoffnungslos zerstritten.

Sie sprachen nicht nur seit Jahrzehnten nicht mehr miteinander, sie hassten sich und zogen auch öffentlich immer wieder übereinander her. Roger Waters galt dabei immer als derjenige, der Pink Floyd als politische Gruppe verstand, aus dieser aber von Gilmour wegen dessen rein kommerziellen Interessen herausgedrängt wurde.

25 Jahre lang wurde diese Intimfeindschaft in einer Art Seifenoper ausgetragen, auch zum Leidwesen der Pink-Floyd-Fans, und nun wird es zu einem happy end kommen? Uns kommen die Tränen.

Die kommen allerdings auch so einigen Musikern aus Afrika. Denn Sir Bob hat zwar die halbe Popwelt für ein Festival gewinnen können, das sich für die Entschuldung Afrikas einsetzt, doch auf Musiker aus Afrika selbst scheint er kurioserweise verzichten zu wollen.

Vielleicht übersteigt Musik aus Afrika jedoch schlicht den Horizont von Sir Bobs musikalischem Weltbild. Vielleicht glaubt er aber auch bloß fest daran, dass den Menschen in Afrika geholfen werden muss, diese sich aber in keiner Weise auch selbst helfen können. Jedenfalls ist der senegalesische Superstar Youssou N’Dour der einzige Musiker aus Afrika, der für Bob Geldofs Benefiz-Marathon geladen wurde. Worüber dieser sich wiederum schockiert zeigt, wie er bekannt gab. N’Dour möchte nun auf einer von Peter Gabriel flugs ins Leben gerufenen Gegenveranstaltung in Cornwall auftreten.

Gabriel, der schon seit Jahren mit »Real World« eines der führenden Weltmusiklabels betreibt, wird bei seinem Festival hauptsächlich afrikanische Musiker auftreten lassen. Was politisch natürlich höchst korrekt ist und Peter Gabriel endlich auch den Adelstitel einbringen sollte.

Immerhin aber hat Sir Bob es jetzt schon geschafft, mit »Live 8« den gesamten Popbetrieb in Aufregung zu versetzen, und unbewusst nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass tatsächlich afrikanische Musik immer noch nicht gebührend rezipiert wird. (aha)

Meisterdämmerung

Harald Schmidt. Der Showmaster der ARD ist wieder im Gespräch. Nicht, weil »der Meister« sich wieder im Kreativitätsurlaub befinden oder in seiner Show zu neuen intellektuellen Höhenflügen ansetzen würde, nein, sondern weil er es nicht mehr so recht bringt. Passend zu einem halben Jahr Schmidt bei der ARD und zu seiner Sommerpause werden bereits die ersten Abgesänge auf den Fernseh-Entertainer verfasst.

Am härtesten urteilte vor ein paar Wochen die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Schmidt würde auf der ARD nur noch um sich selbst kreisen, hieß es dort, sich nur noch auf das System Schmidt beziehen und sich ausschließlich selbst zitieren. Auf Dauer würde das einfach nicht reichen. Es fehlten die Gäste, sein Personalstab und die Einfälle. Manuel Andrack nerve auf Dauer bloß noch, und fahle Witze würden nicht allein dadurch besser, dass sie geschwäbelt vorgetragen werden.

Die FAS hat in allen Punkten Recht. Es ist schlimm, aber es ist so: Harald Schmidt bringt’s nach einem halben Jahr bei der ARD nicht mehr, der Andrack nervt, und es fehlen die Gäste. Es ist bitter, aber die Zeiten, in denen man Harald Schmidt am Vorabend gesehen hatte und darüber aufgeregt mit Kollegen diskutieren musste, sind vorbei. (aha)

Doch nicht alles Pop

Das Feuilleton. Alles wird immer schlimmer, der Untergang des Abendlandes steht andauernd vor der Tür, Handyklingeltöne sind der Soundtrack zur Apokalypse, Hollywood regiert die Welt, und Bücher werden von Computergames verdrängt. So ungefähr sehen es Kulturpessimisten, so und schlimmer. Natürlich würden auch die Zeitungen immer schlechter werden und die Feuilletons nur noch Gefälligkeitsjournalismus und Popseichtheiten verbreiten.

Zu letzterem Befund kam auch ein Beitrag im Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung Ende des letzten Jahres. Die Kulturteile der Zeitungen hätten sich zu Marketingplattformen der Konsumgesellschaft verwandelt, hieß es dort. Pop, Pop, Pop, damit habe es sich.

Doch dieser Einschätzung widersprach nun ein Beitrag, der ebenfalls in der NZZ erschienen ist. Die Autoren des Artikels veröffentlichten die Ergebnisse einer Studie, in der sie über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg die Feuilletons der Zeitungen FAZ, Süddeutsche Zeitung, Neue Presse Hannover und Hannoversche Allgemeine Zeitung untersucht hatten.

Ihrer Studie zufolge seien die Kulturteile deutscher Zeitungen keineswegs seichter und gefälliger geworden, eher das Gegenteil sei der Fall. Die Feuilletons würden noch mehr politische Diskurse und öffentliche Diskussionen verhandeln als früher und gleichzeitig auch weiterhin klassischen Rezensionen Raum geben. Das einzige, was in den Kulturteilen dazu gekommen sei, sei der Pop. Der Popdiskurs habe die Berichterstattung über klassische Musik nicht nur ergänzt, sondern weitgehend verdrängt. Daher komme letztlich wohl auch der Eindruck, Feuilletons würden sich heute im Gesamten lieber Britney Spears als Peter Handke widmen.

Von einer Boulevardisierung der Feuilletons, so das Ergebnis der Studie, könne also nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil. Schade eigentlich. (aha)