Vetorecht für Gambia

Die Afrikanische Union fordert zwei ständige Sitze in einem reformierten UN-Sicherheitsrat. Wer sie einnehmen soll, ist umstritten. von ruben eberlein

Ich denke, es ist sehr gerechtfertigt, die Machtverteilung auf der Welt neu auszuhandeln«, kommentierte Kenias Nobelpreisträgerin Wangari Maathai in der vergangenen Woche die Diskussion um eine Erweiterung des UN-Sicherheitsrates. »Ich unterstütze jene Regionen, die aus historischen Gründen bisher leer ausgingen. Wir brauchen Repräsentanten aus Afrika und Asien.«

Die 53 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union (AU) hatten sich Anfang dieses Monats auf eine gemeinsame Resolution geeinigt. Sie sieht die Erweiterung des Sicherheitsrates von derzeit fünf auf elf ständige Mitglieder mit Vetorecht vor, zwei der neuen Sitze sollen an afrikanische Staaten gehen. Zudem fordert die AU rotierende Sitze für 15 statt bisher zehn Länder. Ein Kompromiss mit einer rivalisierenden Resolution der Vertreter Deutschlands, Brasiliens, Indiens und Japans kam bislang nicht zustande.

Konkrete Vorschläge, welche afrikanischen Länder für das Gremium der UN in Frage kämen, verschoben die Staatschefs auf einen späteren Zeitpunkt, denn der jetzt demonstrierten Einigkeit wäre eine Diskussion dieses Punktes sicherlich nicht zugute gekommen. Neben Nigeria und Südafrika erhebt auch Ägypten Ansprüche auf einen ständigen Sitz. Libyen, Algerien, Senegal und Ghana sind weitere Anwärter.

Selbst den Präsidenten des 1,5 Millionen Einwohner zählenden westafrikanischen Gambia drängt es in den Sicherheitsrat. Es gäbe keine Regel, die kleine Staaten ausschließe, erklärte Yahya Jammeh den Journalisten. Zudem habe Gambia »keine territorialen Interessen. Wir sind so klein, dass wir für niemanden eine Gefahr darstellen.« Die Erfahrungen des Landes als zeitweiliges Mitglied im Rat resümierend, meinte Jammeh, dass »es Gambia war, das die Probleme im Kosovo, in Ost-Timor und viele andere gelöst« habe.

Die AU konnte bisher nicht unter Beweis stellen, dass sie sich substanziell von ihrer Vorgängerin, der OAU, unterscheidet. Sie ist vor allem ein Club von Staatschefs, die sich hier nach außen profilieren, während die Länder, die sie vertreten, oft autokratisch oder diktatorisch verwaltet werden. Auch angesichts der zahlreichen offenen und schwelenden Kriege auf dem Kontinent drängt es die Organisation selten zur Eile. Erst in der vergangenen Woche kritisierte der senegalesische Außenminister Cheikh Tidiane Gadio das Versagen der AU in Bezug auf die Massenmorde in der sudanesischen Provinz Darfur. »Absolut inakzeptabel« sei es, dass die »AU die internationale Gemeinschaft gebeten hat, eine afrikanische Lösung finden zu dürfen, und die Logistik von den Regierungen nicht eintrifft.« Ab Januar nächsten Jahres wird Sudans Präsident Omar al-Bashir, dessen Regierung des Völkermordes in Darfur bezichtigt wird, den AU-Vorsitz übernehmen.

Seit der Unabhängigkeit spielt für afrikanische Präsidenten und deren Regierungen die Anerkennung auf der Bühne der internationalen Politik eine entscheidende Rolle. Hier suchen und finden sie die Legitimation für ihre Herrschaft. Die Beherrschten selbst hegen oft eine äußerst schwache oder überhaupt keine Sympathie für ihre jeweiligen Machthaber. Die Regierung Nigerias beispielsweise steht den tödlichen Konflikten im Lande entweder desinteressiert gegenüber oder sendet lediglich ihre unterbezahlte Armee, die nicht selten marodierend und willkürlich mordend die Auseinandersetzungen anheizt. Vor internationaler Kritik haben sich die nigerianischen Machthaber nicht zu fürchten. Die von Nigeria dominierten Ecomog-Truppen werden schließlich in den Kriegen Westafrikas als Eingreiftruppe benötigt. So gesehen könnte ein mit Vetorecht ausgestattetes Gambia für die Mehrzahl der Menschen auf dem Kontinent tatsächlich das kleinere Übel sein.