Viel tougher als die Girlies

Die feministisch-queeren Ladyfeste

»›Lady‹ ist in der Szene der Nachfolgebegriff von Riot Grrl. Gerade in Deutschland ist das wichtig, da die Riot-Grrls hier viel mehr einfach Girlies waren als in den USA.« Helga, eine der Organisatorinnen des diesjährigen Ladyfests, sagt, dass es darum gehe, Räume zu erkämpfen und zu besetzen, die bisher von patriarchaler Männlichkeit besetzt sind. Beim Ladyfest reicht das von der Technikerin hinter der Bühne über die Musikerin oder Künstlerin bis hin zum Publikum vor der Bühne. Keine Frau soll »schräg angeguckt werden«, egal wie sie sich darstellt.

Vom 5. bis zum 13. August finden über 30 Workshops, Diskussionsveranstaltungen, Konzerte und Partys »in einem queeren Zusammenhang statt«, erzählt Helga. Zwar sei allen an der Vorbereitung beteiligten Frauen ein »politisch-feministischer Hintergrund« gemein, der Begriff queer umschreibe jedoch besser, wofür die Veranstaltung steht. »Bei einer feministischen Perspektive ist immer die Frage, was genau gemeint ist. Es ist nicht klar, ob eine explizit feministische Perspektive identitätskritisch ist. Feminismus ist zumindest in der Herkunft sehr identitär. Deshalb jonglieren wir mit dem Begriff queer.«

Auf der Homepage des Ladyfests Mannheim steht zu lesen, dass der Begriff Lady einen Bezugspunkt darstellen soll, »unter dem sich Personen mit den unterschiedlichsten Identitäten, bzw. solche, die sich keiner bestimmten Identität zuordnen wollen/können, wiederfinden und aktiv sind«. Dabei gehe es sowohl um die Aufhebung von Zwangsheterosexualität und Geschlechterkonstrukten als auch um die Thematisierung von Altersausgrenzung, die durch die Suggestion der »ewig jungen Pop-Kultur« entstehe.

Das erste Ladyfest fand im Jahr 2000 in Olympia (USA) statt. Von dort verbreitete sich die Idee weltweit. Im Jahr 2002 gab es bereits 13 Ladyfeste in den USA und Europa, und in diesem Jahr sind es 23, von San Diego über Bielefeld bis Neapel und Sydney.

»Das erste Ladyfest war ein Versuch, dem Ausverkauf der Riot-Grrl Bewegung entgegenzutreten und sich selbst neu zu definieren«, schreiben die Organisatorinnen des Mannheimer Ladyfests. Riot-Grrl stand in den neunziger Jahren für eine feministische, linke Aktionsplattform, die aus der Punk- und Hardcoreszene entstanden war. Es sollten Frauen und Mädchen ermutigt werden, »selbstbewusster mit ihrer Kunst umzugehen oder überhaupt erst künstlerisch aktiv und damit präsent zu werden«. Nachdem die Kulturindustrie den Riot-Grrl-Begriff als Marke entdeckt hatte, ging der politische Anspruch verloren, und das Image des niedlichen und frechen Girlies verbreitete sich. Die Moderatorin Heike Makatsch stand Mitte der neunziger als Prototyp der Girlie-Bewegung im Mittelpunkt des Medienhypes.

In den US haben die Ladyfeste im Gegensatz zu Berlin und Mannheim, wo es um die Abgrenzung vom Girlie- Begriff in einem postfeministischen Diskurs geht, einen explizit feministischen Ansatz. Allen gemein ist die Aussage »Ladies of all ages and gender«.

jörg meyer

www.ladyfest.net, www.ladyfest.org