Kein passender Partner in Sicht

Als Bürgermeister von Warschau verbot Lech Kaczynski die Gayparade. Die schwul-lesbischen Initiativen lassen sich aber nicht mehr aufhalten. von martin kraft, krakau

Obwohl Lech Kaczynski und seine Partei PiS im Wahlkampf mit homophoben Sprüchen Stimmung machten, wird sich für die schwul-lesbischen Initiativen nach der Parlamentswahl wohl nicht viel ändern. So richtig überraschend war der Rechtsruck nicht, allerdings hatte man eher mit einem Sieg der konservativen Bürgerplattform PO über die populistischen Gebrüder Kaczynski und die PiS gerechnet.

Man hat bereits eine Vorstellung von der Politik der PiS in der kommenden Legislaturperiode, denn es wird wohl einige Parallelen zum »Warschauer Modell« geben. Man kennt sich bereits: Lech Kaczynski konnte im Amt des Bürgermeisters die außerparlamentarischen schwul-lesbischen Initiativen nicht von ihrem politischen Aktionismus abhalten, und als Regierungspolitiker wird er es ebenfalls nicht können. Die Diskussion um schwullesbische Rechte ist in der polnischen Öffentlichkeit zunehmend präsent. Unterstützung bekamen die Homosexuellen auch zu Zeiten der linksdemokratischen Regierung unter Leszek Miller nicht – abgesehen von der Initiative der damals für die postkommunistische SLD kandidierenden Senatorin Maria Szyszkowska, die den Entwurf eines Partnerschaftsgesetzes erarbeitete, dessen Annahme dann im von der SLD dominierten Parlament jedoch scheiterte. Immerhin wurde unter Vorsitz der Regierungsbevollmächtigten Izabela Jaruga-Nowacka ein Büro zur Geschlechtergleichstellung geschaffen, das Initiativen der Kampagne gegen Homophobie sowie die »Parada Równosci«, die »Parade der Gleichheit«, in Warschau unterstützte.

2004 hatte Lech Kaczynski die Parade noch erfolgreich verboten, dieses Jahr fand sie auch dank einer massiven internationalen Unterstützung trotz Verbot statt. Was die Brüder Kaczynski und deren Partei angeht, so ist bekannt, womit man es homopolitisch zu tun hat. Dafür steht exemplarisch die Agitation, mit der Lech Kaczynski in den vergangenen zwei Jahren die Durchführung der »Parada Równosci« in Warschau zu verhindern versuchte. Etwa seine Aussage: »Als Bürger dürfen sie protestieren, aber als Homosexuelle nicht.«

Doch auch bei der PO versteckt sich hinter dem Deckmantel wirtschaftlicher Liberalität die Homophobie. Diese wird wiederum von den liberalen Medien – sprich: von der Gazeta Wyborcza – kaum kritisiert, da man aus ökonomischen Gründen an ein bestimmtes Klientel gebunden ist und sich die nationalistisch-klerikale Liga polnischer Familien (LPR) und die PiS für direkte Attacken viel besser anbieten. So werden diskretere Formen von Homophobie nur selten und ungern thematisiert.

Der allseits höfliche Präsidentschaftskandidat der PO, Donald Tusk, versichert den homosexuellen Wählern, dass unter seiner Regentschaft die Grundrechte aller Bürger garantiert werden. Andererseits fällt es schwer, sich Tusk, der sich stets der gesamten Wählerschaft verpflichtet glaubt, in der Rolle des Verfechters der Rechte von Minderheiten vorzustellen. Jan Rokita, verhinderter Ministerpräsidentschaftskandidat der PO, stellte sich offen gegen den Entwurf des Partnerschaftsgesetzes, und die PO sprach sich im letzten Jahr geschlossen gegen die Durchführung des schwul-lesbischen Festivals »Kultur für Toleranz« in Krakau aus. Sie verzichtete jedoch in ihren diesjährigen Wahlspots darauf, das Thema Homosexualität populistisch zu instrumentalisieren. Es mag also nicht verwundern, dass sich unter den Wählern der PO bei den polnischen Parlamentswahlen auch viele Homosexuelle befanden, solche, die ein wirtschaftsliberales Modell bevorzugen, der Demokratischen Partei keine Chance gaben und den in Affären verwickelten Postkommunisten der SLD kategorisch eine Absage erteilen wollten.