Larsen legt nach

Die letzten UN-Resolutionen hat Syrien weitgehend umgesetzt. Nach dem Mehlis-Bericht wächst der Druck auf das Regime. von gilles bouché

Heftigen Attacken aus linken und pro-syrischen Kreisen sah sich der UN-Sonderbeauftragte Detlev Mehlis in den Tagen nach der Veröffentlichung seines Berichts ausgesetzt. Doch seiner Untersuchungskommission lassen sich kaum Vorwürfe machen. Der UN-Bericht über die Hintergründe des Mordes am libanesischen Premierminister Rafik Hariri umfasst umfangreiches Belegmaterial und ist vorsichtig formuliert. Mehrfach weist Mehlis darauf hin, dass seine Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien und dass viele Aspekte zunächst ungeklärt blieben. Die Zwischenbilanz ist gleichwohl unmissverständlich: Dem Chefermittler zufolge gibt es »gute Gründe zu der Annahme, dass die Entscheidung, den ehemaligen Premierminister Rafik Hariri zu ermorden, nicht ohne die Zustimmung hochrangiger Verantwortlicher des syrischen Geheimdienstes hätte getroffen und nicht ohne die Mitwirkung ihrer libanesischen Kollegen hätte ausgeführt werden können«.

Der syrischen Regierung wirft Mehlis zudem mangelnde Kooperation vor. Befragungen syrischer Zeugen hätten nur in Anwesenheit von Beamten des Außenministeriums durchgeführt werden dürfen, viele Antworten schienen im Vorfeld abgesprochen. Vor allem jedoch hätten sich manche Angaben – darunter die Aussage von Außenminister Faruk Schara – im Laufe der Ermittlung als falsch erwiesen. Inzwischen hat Präsident Assad auf die Vorwürfe reagiert und die Einberufung einer eigenen Untersuchungskommission angekündigt, die mit den internationalen und libanesischen Ermittlern kooperieren soll.

Dass westlichen Regierungen der UN-Bericht gelegen kommt und sie ihn instrumentalisieren, um die syrische Regierung zu Zugeständnissen zu zwingen, die über die Klärung des Mordfalls hinausgehen, kann man der Mehlis-Kommission nicht anlasten. Mit der Androhung von Sanktionen soll die Regierung in Damaskus zu verstärkten Kontrollen an der irakischen Grenze bewegt werden. Die US-Regierung wirft den Syrern vor, nichts dagegen zu unternehmen, dass irakische Terroristen vom syrischen Staatsgebiet aus mit Waffen versorgt werden.

Ansonsten ist fraglich, was Präsident Assad dem Sicherheitsrat anbieten könnte, um eventuelle Sanktionen abzuwenden. Einem weiteren, vorige Woche veröffentlichten UN-Bericht zufolge hat die syrische Regierung die Resolution 1559 bereits gr0ßteils umgesetzt. In der im September 2004 beschlossenen Resolution forderte der Sicherheitsrat den Abzug der syrischen Truppen, die Entwaffnung aller Milizen im Libanon und die Wahrung der territorialen Integrität und politischen Unabhängigkeit des libanesischen Staates.

Der UN-Sonderbeauftragte Terje Roed-Larsen bescheinigt der syrischen Regierung in dem Bericht, dass sie ihre Truppen restlos aus dem Libanon zurückgezogen habe. Auch sei »keine sichtbare oder signifikante Präsenz oder Aktivität des syrischen Geheimdienstes im Libanon« mehr festzustellen. Zeugenaussagen, die das Gegenteil nahe legen, werden von Larsen als »übertrieben« eingestuft.

Zwei Punkte könnten die syrische Regierung jedoch weiter unter Druck setzen. Larsen vermutet, dass die Hizbollah und einige der von Flüchtlingslagern aus agierenden palästinensischen Milizen verstärkt mit Waffen und Personal aus Syrien beliefert werden. Die syrische Regierung hat eingeräumt, dass Waffen über die syrisch-libanesische Grenze geschmuggelt werden. Sie weist aber darauf hin, dass der Schmuggel in beide Richtungen verlaufe, und streitet jede Beteiligung ab.

Des Weiteren werden die Regierungen von Syrien und Libanon aufgefordert, ihre territorialen Grenzen durch ein Abkommen genau festzulegen. Strittig ist der Status der Region Deir al-Aschayr. Die syrische Regierung soll dort weiterhin Truppenbestände aufrechterhalten.