God’s own Lesson

Kulturkampf in den USA von adam flut
Von

Wer der Volksweisheit zustimmt, derzufolge Wissen Macht bedeutet, und wer zugleich eine Welt fürchtet, in der nur eine große Macht existiert, dürfte sich über diese Meldung freuen: US-amerikanische Professoren beklagen, dass immer mehr Studenten an die Universitäten kommen, deren Hirne in den Schulen derart gewaschen wurden, dass sie vielleicht die Ahnenfolge von Adam über Moses zu Jesus aufsagen können, von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen aber keinen blassen Schimmer haben. Sollte sich diese Entwicklung verallgemeinern, könnte den USA langfristig eine Verblödung drohen, die auch die Eliten umfasst. Wer aber Typhus für eine Strafe Gottes und die Erde für eine Scheibe hält, dürfte sie kaum beherrschen können.

Der Konflikt um die Evolutionstheorie ist nur ein Ausdruck des Kulturkampfs, den die christliche Rechte ausficht und der ebenso zu einer Segregation der amerikanischen Gesellschaft führt wie die sozialen Unterschiede. In diesem Kampf spiegelt sich ein Gegensatz wider, der schon bei der Einwanderung in die USA eine große Rolle spielte. Einerseits kamen protestantische Eiferer, die man in Europa nicht haben wollte, andererseits liberale und sozialistische Einwanderer, die vor der europäischen Reaktion flohen. Die Geschichte der USA ist ohne beides nicht denkbar.

Dabei steht die Entwicklung erst am Anfang. Bislang sind es nur vier Bundesstaaten, in denen »gleichberechtigt« neben der Evolutionstheorie unterrichtet wird, dass alles Leben göttlichen Ursprungs sei. Und zwar nicht im Religionsunterricht – den gibt es in den USA an öffentlichen Schulen wegen der Trennung von Staat und Religion nicht –, sondern im ­Biologieunterricht. Nach Ohio, Pennsylvania, Minnesota und New Mexico wurde in diesem Jahr in Kansas zum zweiten Male beschlossen, kreationistische Ideen in den Lehrplan aufzunehmen. In mehr als 30 der 50 Bundesstaaten haben Fundamentalisten Prozesse ­angestrengt. Schon jetzt, schätzt der Biologe Randy Moore in der Zeitschrift Science, behandeln 15 bis 20 Prozent der Lehrer die Idee von der göttlichen Schöpfung.

Ihren wichtigsten Fürsprecher finden die Kreationisten in Mr. President. Im Sommer sprach sich der bekennende Methodist ­George W. Bush dafür aus, die Schüler mit »unterschiedlichen Denkschulen zu konfrontieren«. Eindeutig zum Schöpfungsglauben bekannte er sich nicht. Damit würde er wohl auch in seiner eigenen Partei auf Kritik stoßen. Die Lehrinhalte werden ohnehin in den Bundesstaaten und den Distrikten geregelt.

Inzwischen handeln die Fundamentalisten klüger als noch in den achtziger Jahren, als sie erfolglos die radikale Streichung der Evolutionslehre forderten und auf eine wörtliche Auslegung der Bibel pochten. Stattdessen operieren sie mit der These vom »Intelligent Design«. Diese ist zwar keine einfältige Frömmelei, in der aktuellen Auseinandersetzung aber dient sie dazu, dem Aberglauben einen wissenschaftlichen Überbau zu verschaffen.

Eingedenk dieser Entwicklungen könnte man glauben, die USA erlebten eine Talibanisierung, gäbe es nicht eine ebenso starke Gegenbewegung. So gelang es Eltern in einigen Distrikten von Kansas, Gott wieder aus dem Biologieunterricht zu verbannen, mit demselben Ziel prozessiert in Pennsylvania eine Bürgerrechtsorganisation. In New York widmet sich derzeit eine große Ausstellung Charles Darwin und wirbt für die Evolutionstheorie.

Eine subversive, parodistische Gegenbewegung wurde von Bobby Henderson ins Leben gerufen. Unter der Androhung einer Klage forderte er die Schulbehörde von Kansas dazu auf, seinen Glauben, demzufolge die Welt von einem »Fliegenden Spaghettimonster« erschaffen wurde, ebenfalls im Lehrplan zu berücksichtigen.