Coke kills – keep off!

Weil der Coca-Cola-Konzern mitverantwortlich für die Ermordung von kolumbianischen Gewerkschaftern ist, organisiert eine internationale Kampagne den Boykott. von knut henkel

Die Fackelläufer, die derzeit das olympische Feuer durch Italien nach Turin tragen, stehen unter Polizeischutz. Carabinieri begleiten sie auf Schritt und Tritt, seit Ende Januar Anarchisten der Fackelträgerin Eleonora Berlanda das Feuer entrissen. Zuvor war es bereits zu 37 Zwi­schen­fällen, zumeist Blockaden, gekommen, mit denen Demonstranten gegen Coca-Cola, den Haupt­sponsor der Olympischen Winterspiele, protestierten. Mit beachtlichem Erfolg, denn sogar die Olympiastadt Turin hat den Ausschank von Getränken des Hauptsponsors eingestellt, und mehrere linke Stadtparlamente haben sich dem Protest angeschlossen.

Dem Konzern mit Sitz in Atlanta wird vorgeworfen, in Kolumbien mit paramilitärischen Verbänden zu kooperieren und für die Ermordung von acht Gewerkschaftern mitverantwortlich zu sein. An der prekären Situation der Arbeiter von Coca-Cola hat sich der Gewerkschaft zufolge trotz der internationalen Kampagne wenig geändert. Nach wie vor werde das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung systematisch verletzt, sagte Javier Correa, Vorsitzender der Nahrungsmittelgewerkschaft Sinaltrainal, Anfang Januar in Bogotá auf einer Pressekonferenz. Correa und sein Kollege Edgar Páez, Vizepräsident der nur noch 2 000 Mitglieder zählenden Gewerkschaft, reisen seit drei Jahren durch die Welt, um auf die Verletzung von Arbeits- und Menschenrechten durch den Konzern aufmerksam zu machen.

Mit Erfolg, denn in den USA sind es mittlerweile zehn Universitäten, die sich für den Coca-Cola-Boykott entschieden haben. »Murder – It’s the real thing« heißt die an den Werbeslogan des Konzerns angelehnte Kampagne der Studenten, die versuchen, Druck auf die Unileitungen auszuüben. Die University of Michigan war vorerst die letzte, die den Verkauf einstellte. Als die Studenten Anfang Januar aus den Weihnachtsferien zurückkamen, waren die Coke-Automaten leer. Die Leitung war dem Beispiel der New York City University gefolgt, der größten Privatuniversität der USA, die im Dezember die Lieferverträge auf Eis legte und den Getränkemulti aufforderte, den Anschuldigungen nachzugehen.

Auch in Kanada, Irland, Großbritannien und Italien haben sich Hochschulen dem Boykott angeschlossen und fordern Aufklärung. Dabei stehen die Anschuldigungen der kolumbianischen Sinaltrainal, die über 120 Angriffe auf Gewerkschaftsmitglieder dokumentiert hat, im Vordergrund. Aber auch in Indien wird der Brausemulti kritisiert. Dort soll das Unternehmen für das Absinken des Grundwasserspiegels verantwortlich und auch mit Pestiziden alles andere als sorgsam umgegangen sein.

Vorwürfe, die der Konzern von seinen Sprechern zurückweisen ließ. Allerdings hält Daniel M. Kovalik, Anwalt der US-amerikanischen Stahlarbeitergewerkschaft, die Dokumente und Indizien der kolumbianischen Gewerkschaft für durchaus stichhaltig, weshalb er in den USA gegen den Konzern klagt. Zwar sind die Aussichten auf einen juristischen Erfolg nicht allzu gut, aber die Klage hat viel Medienrummel verursacht. Gleiches gilt für die Aktionen in Italien und an den Universitäten in den USA und darüber hinaus.

Mit den bislang noch marginalen Umsatzeinbußen kann das Erfrischungsimperium leben. Doch die Vorwürfe könnten das Image schädigen, geben mittlerweile auch Konzernsprecher zu. Ein Grund, weshalb Coca-Cola bereits im November in Rom einwilligte, einer internationalen Kommission den Zugang zu seinen Abfüllanlagen und Depots in Kolumbien zu gewähren. Geplant ist die Reise für März. Doch das hält die Aktivisten in Italien nicht davon ab, weiter Stimmung gegen den Konzern zu machen. Die Winterspiele sollen dafür die Bühne liefern.