Perspektive gleich Null

Gesetz zur Chancengleichheit in Frankreich von bernhard schmid

Ein Vierteljahr nach den Riots in den Ban­lieues fragte jüngst die Tageszeitung Le Parisien die Franzosen nach den Aussichten auf eine Lösung der dahinter stehenden gesellschaftlichen Probleme. Das Ergebnis hätte klarer kaum ausfallen können: 82 Prozent beantworten die Frage negativ. Und 86 Prozent glauben, dass die Riots jederzeit wieder losgehen könn­ten.

Mit ihrem in erster Lesung verabschiedeten »Gesetz zur Chancengleichheit« serviert die Regierung vor allem ein Bündel sozial regressiver Maßnahmen. Diese sollen angeblich Jobs für die perspektivlosen Teile der Jugend schaffen, und werden in Wirklichkeit nur Beschäftigung – hin zu den neu geschaffenen prekären Vertragstypen – umschichten. Dazu gehört die Einführung des Ersteinstellungsvertrags (CPE) für unter 26jährige. Es handelt sich um die Abschaffung des Kündigungsschutzes während der ersten beiden Jahre des Arbeitsverhältnisses. In Frankreich geht man scheibchenweise vor: Den Neueinstellungsvertrag für Beschäftigte in Kleinbetrieben mit entsprechenden Regeln gibt es bereits seit vorigem Sommer; jetzt sind die jüngeren Beschäftigten dran.

Die junge Generation jedoch ist noch am wenigsten resigniert und apathisch. Vorige Woche entwickelten sich die west­französischen Städte Rennes und Toulouse zu Brennpunkten des Protests. Dort werden die Universitäten bestreikt und zum Teil blockiert, zunächst aus anderen Motiven. Aber die Studierenden nahmen den Kampf gegen die Einführung des CPE in ihre Forderungen auf. Nicht nur, dass auch die studierende Jugend davon betroffen ist, sondern es sollte auch einen Brückenschlag zu anderen Teilen der Jugend ermöglichen – und namentlich in die Banlieues hinein. Bisher freilich ist der Schulterschluss auf breiter Ebene noch nicht gelungen. Nicht zuletzt wirken die Winter-Schulferien als Hemmnis bei der Ausweitung der Proteste. Die Regierung bedient sich ihrer skrupellos, so wie sie die Regelung für Kleinbetriebe mitten im Sommerloch durchdrückte. Ob das nach hinten losgeht, muss sich erst noch erweisen. Am 7. März ist wieder ein landesweiter Aktionstag mit Demos von Jugend und Gewerkschaftern geplant.