Zeichnet selbst!

Der letzte linke Student XXXIX

Der letzte linke Student ist erschüttert. Denn: der Rassismus bricht sich überall Bahn. Etwa: in Dänemark und überall sonst werden Karikaturen gemacht. Die Karikaturen wenden sich aber nicht gegen die eigene Regierung. Nein: die Ka­rikaturen wenden sich gegen die MuslimAs. Dabei: sind Karikaturen doch ein Mittel, um die eigene Regierung zu bekämpfen. Das beweisen etwa: die Karikaturen von Th. Th. Heine und E. O. Plauen. Der Zeichenstift dieser Karikaturisten: hat sich nie vor einen politischen Karren spannen lassen. Die dänischen Karikaturisten aber: haben sich die Hände mit Realpolitik schmutzig gemacht. Ihre Karikaturen: besudeln das Karikaturentum. Mehr noch: sie besudeln den Humor überhaupt. Zudem: besudeln sie die Gefühle der MuslimAs.

Der letzte linke Student findet: dass man was machen muss. Daher: zeichnet er selbst eine Karikatur. Die Karikatur soll zeigen, dass auch die MuslimAs Recht haben dürfen. Daher zeichnet der letzte linke Student einen Mohammed, der einem Amerikaner in den Hintern tritt. Den Amerikaner erkennt man an seinem zynischen Gesicht und an der amerikanischen Flagge in der Hand. Doch dann: merkt der letzte linke Student, dass das zu platt ist. Daher: zeichnet er auf die Jacke des Amerikaners die Umrisse von Europa. Weil: Dänemark ist auch die EU. Jetzt allerdings: ist es immer noch zu billig. Daher: bekommt der Amerikaner ein Haus in die andere Hand. Auf dem Haus steht: Abschiebeknast. Doch: noch immer gefällt das dem letzten linken Studenten nicht. Es ist: zu pädagogisch. Es braucht: mehr Biss. Daher zeichnet er dem Mohammed eine Sprechblase vor den Mund. Darin steht: »Verpiss dich, Lego-Spieler!«

Der letzte linke Student schaut sein Werk an. Dann: zerreißt er das Blatt. Alsdann: schreibt er in sein besonderes Notizbuch: »Die Sprache ist dem Bild überlegen. Komplexes kann das Bild nicht transportieren. Daher sind Karikaturen immer verletzend. Weil sie alles simpel machen. Karikaturen sind kein vernünftiges Mittel, um sich zu äußern.« Das: gefällt dem letzten linken Studenten schon besser. Er überlegt: wie man aus dem Aphorismus einen Essay machen kann. Und auch wir sollten selbst dann, wenn wir stutzen, nie damit aufhören, weiterzumachen.

jörg sundermeier