Nachrichten

Quietschfidel

Spiegel. Lustig geht’s beim Spiegel zu. Damit dort der Kulturteil ein wenig mehr rockt, betreut ihn seit ein paar Monaten Matthias Matussek. Und der Mann ist gerne sehr, sehr peinlich, weswegen zugegebenermaßen seine Texte manchmal ziemlich lustig sind, nur ernst nehmen sollte man sie halt nicht. Auch die Kollegen, die er nun um sich geschart habt, wirken leicht obskur. Verena Araghi, die auf RTL2 das Sexmagazin »Peep« moderierte, ist seit kurzem Kulturredakteurin, und Joachim Lottmann schreibt nun als Pauschalist für Matusseks Ressort. Auch die Texte von Lottmann sind meist äußerst kurzweilig, ihr investigativer Gehalt, also etwas, worauf der Spiegel doch immer unermüdlich als Ausweis seiner Qualität pocht, tendiert gegen Null. (aha)

Kunst im Remix

Georg Baselitz. Der deutsche Großkünstler, der Gerhard Schröder zu seinen Bewunderern zählt, hat eine super Idee. Er will seine gesammelten Werke – die meisten davon müssen auf dem Kopf stehen, so will es der Künstler – noch mal malen, sozusagen als Remix seiner eigenen Arbeit. »Ich will testen, ob ich es noch einmal schaffe, mich auf diese Höhen zu schwingen, auf denen ich mal war. Denn ich finde meine Bilder von damals heute noch ziemlich gut«, gab Baselitz gegenüber der Kunstzeitschrift Art an. Wir sind uns sicher, dass Baselitz es schaffen wird, dass seine Remixe Höhen erklimmen werden, in denen es normalen Menschen schwindelig werden dürfte. (aha)

Being Lawinky

Theaterskandal. Die Posse um den Frankfurter Schauspieler Thomas Lawinky, der dem Kritiker der FAZ, Gerhard Stadelmeier, während einer Theateraufführung den Spiralblock entwendet hatte, woraufhin der Kritiker sich aufführte, als sei ein Mordanschlag auf ihn verübt worden und dem Schauspieler gar gekündigt wurde, geht weiter. Der Verlag des Stückes »Das große Massakerspiel oder Triumph des Todes«, während dessen Aufführung dieser ungeheure Skandal sich ereignete, hat nun verboten, das Stück weiterhin unter dem alten Namen in Frankfurt zu spielen. Kein Problem für das Theater, das die Inszenierung nun im Namen des von seiner Arbeit befreiten Schauspielers einfach »Being Lawinky« nennt. (aha)

Die Ringfingerlänge

Forschung. Die Wissenschaft sollte sich nicht beschweren, wenn sie manchmal nicht ganz ernst genommen wird. Denn die Ergebnisse zweier Studien, die an der TU Chemnitz durchgeführt wurden, klingen nun wirklich zu hanebüchen. Ginge es nach diesen, ist fortan bewiesen, dass der Längenunterschied zwischen Zeige- und Ringfinger etwas über das Sexualverhalten von Männern und Frauen aussagt. Konkret heißt das: Ein Mann hat in seinem Leben mit um so mehr Frauen geschlafen, je länger sein Ringfinger im Vergleich zu seinem Zeigefinger ausfällt. Überhaupt: Schwanzlänge und so etwas kann man endlich getrost vergessen, beim Mann kommt es einzig und allein auf die Länge seines Ringfingers an.

Bei den Frauen ist natürlich alles umgekehrt: Je kürzer ihr Ringfinger im Vergleich zum Zeigefinger, desto sicherer wird sie heiraten und ganz viele Kinder bekommen. Fällt ihr Ringfinger jedoch verhältnismäßig lang aus, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich hier, logisch, um eine Frau mit lesbischen Neigungen handeln muss. Derartiges also will die TU Chemnitz herausgefunden haben, man glaubt es kaum. Warum das so sei mit dem Ring- und dem Zeigefinger, so wissen die Wissenschaftler, habe irgendetwas mit der Evolutionsbiologie zu tun. (aha)

Die Jury bröckelt

Karikaturen. Der »antisemitische Cartoon-Wettbewerb«, den der israelische Zeichner Amitai Sandy als Antwort auf den Karikaturen-Wettbewerb einer iranischen Zeitung initiiert hat (Jungle World, 8/06), sorgt weiter für Aufregung. Am 5. März ist Einsendeschluss, und auf der Website www.boomka.org sind schon einige der eingesandten Werke jüdischer Künstler zu bestaunen. Die Jury muss allerdings ohne die Beteiligung der US-amerikanischen Professorin Deborah Lipstadt auskommen. Die Autorin, gegen die der am Montag vergangener Woche in Wien zu drei Jahren Haft verurteilte Holocaust-Leugner David Irving einen Prozess geführt und die darüber ein Buch verfasst hatte, bot sich der Jury zunächst als Expertin für Antisemitismus an. Nun hat sie ihre Zusage, die sie als Fehler bezeichnete, zurückgezogen. Sie habe zunächst nur den ironischen oder satirischen Charakter des Wettbewerbs gesehen, müsse nun aber feststellen, dass die Sache »von anderen für deren falsche Absichten missbraucht« werde. Sie appellierte an den Organisator, den Wettbewerb einzustellen. (ib)

Echt funky

»Alltag & Kultur«. Wer endlich mal wissen will, wie Jugendkulturen ticken und was die überhaupt wollen, braucht unbedingt die neuen Marxistischen Blätter. Ihr aktuelles Thema: Alltag & Kultur. Man erfährt endlich, was ein Mod ist (war), und Nick Hornby wird mit Bourdieu gelesen, das ist doch alles mal höchst interessant. Die Marxistischen Blätter also, die wissen, wo der Pop lang geht. (aha)

Tipp der Woche

Truman Capote. Diese Woche startet in den deutschen Kinos der Film »Capote«, ein Biopic über den US-amerikanischen Schriftsteller, der spätestens mit seinem Roman »Kaltblütig« weltberühmt wurde. Was man unbedingt zum Start des Films nochmals lesen sollte, ist jedoch vor allem der Interviewband »Ich bin schwul, ich bin süchtig, ich bin ein Genie«. In diesem entfaltet Capote seinen grenzenlosen Größenwahn, zieht auf jeder zweiten Seite über seinen Erzfeind Gore Vidal her und stellt permanent dar, warum man eigentlich alle amerikanischen Schriftsteller in der Pfeife rauchen kann, außer einem natürlich. Ein wunderbares Buch. (aha)