Neu-Texas

Ein Ländervergleich von wieland rayk

Als George »Washington« Bush vorm Rest der Welt ankündigte, er werde demnächst in Mecklenburg-Vorpommern erscheinen, um dort noch mehr Menschen kennen zu lernen, die so sind wie Angela Merkel, hatte ich die Vision eines Musicals mit Hunderttausenden von Merkel-Klonen, die sich auf den Straßen dieses Landes drängen und sich nur in der Farbe des Kostüms unterscheiden, mal hellgrün, mal hellblau und mal hellrosa.

Der Wind kommt immer von einer Seite, aber er wechselt im Zickzack die Richtung, so dass die Merkel-Frisuren aller Menschen haargenau im gleichen Rhythmus hin- und herschwenken. Dazu ertönt die Musik aus Fritz Langs Film »Metropolis«, und wenn die Kamera nah an die Gesichter heranfährt, sehen sie alle aus wie auf Edvard Munchs berühmtem Bild »Der Schrei«. Und was schreien sie? Natürlich etwas mit »O«, denn so hat Munch den Mund nun einmal geformt, also vielleicht »Oh, wie ist das schön« oder »Obladi-oblada«.

Mecklenburg ist sowieso, wenn nicht das amerikanischste, so doch mit Abstand das texanischste Land außerhalb der USA. Die Krokodildichte ist zwar dünn, und Exilkubaner sieht man nur, wenn sie leblos am Straßenrand liegen. Bei allen anderen internationalen Koeffizienten aber sind die Parallelen evident. Der Bruttoinlandfleischverzehr pro Kopf der Bevölkerung liegt gleichauf, nämlich hauptsächlich auf dem Grill, der schon zum Frühstück angeworfen wird. Wie die Texaner haben die Mecklenburger keine Kühlschränke, sondern -truhen, für die Tag für Tag neue Fleischberge angeliefert werden. Manchmal geraten auch frische Babys oder alte Menschen zwischen die Schweine- und Rinderhälften, aber das fällt nicht weiter auf.

Auch im Freizeitverhalten gleichen sich die Völker wie eine Kartoffel der anderen. Haupthobby der Leute ist Tanken im nahen Osten. Die Texaner fahren dafür eigens in den Irak, die Mecklenburger und Vorpommeraner bedienen sich Polens dafür. Bei den Amerikanern bleibt hin und wieder ein Fahrer auf der Strecke, die Deutschen lassen dafür öfter das Auto drüben.

Frauen dienen in den beiden Weltregionen hauptsächlich zum Kinderkriegen. Mädchen sind ab 13 zickig oder schwanger. Jungs, die nach der achten Klasse noch zur Schule gehen, gelten als schwul. Hauptverständigungsmittel ist das Heben des rechten Arms. In der Regel ist an dessen vorderem Ende ein Bierglas befestigt, es geht aber auch ohne.

Die Wohnverhältnisse sind praktisch identisch. Sie bestehen aus einzelnen, locker um Tankstellen dislozierten Baracken, von denen jede zweite leer steht und langsam verrottet. Dazwischen riesige Brachen öder Erde, bebaut mit Dieselkraftstoff, in Mecklenburg-Vorpommern überirdisch (Raps), in Texas unterirdisch (Öl). Hier wie da ist die Todesstrafe intakt. In Texas kommen Menschen, die sich wie Tiere benehmen, in ihren Genuss, in Mecklenburg-Vorpommern betrifft sie umgekehrt Tiere, die sich wie Menschen verhalten.

Unterschiede gibt es im Grunde nur bezüglich der Wanderwege. Texas ist ein Einwanderungsland, vor allem für jene Mexikaner, denen Norddeutschland zu weit ist. Mecklenburg-Vorpommern ist ein klassisches Abwanderungsland. Ziemlich ausgeschlossen, das George W. Bush sich hier länger einnistet. Gut möglich hingegen, dass Angela Merkel demnächst verschwindet. Aber das ist ja sowieso klar.