Gas macht mobil

Eon übernimmt spanischen Energieversorger

27 Milliarden Euro bietet der deutsche Energiekonzern Eon für die Übernahme des spanischen Energieversorgers Endesa. Das ist ein konkurrenzloses Angebot, der spanische, genauer gesagt katalanische, Mitbieter Gas ­Natural will sieben Milliarden Euro weniger zahlen. In dieser Woche will die spanische ­Regulierungsbehörde CNE entscheiden, ob und mit welchen Auflagen sie das Übernahmeangebot von Eon zulässt.

Die Übernahme ist längst zu einem Politikum geworden ( Jungle World, 09/2006). Auf die Kritik von Parteien und Gewerkschaften und die Versuche der spanischen Regierung, die Übernahme zu verhindern, reagierte der Vorstand von Eon mit an Arroganz grenzender Gelassenheit. »Letztlich werden nicht die Po­litiker, sondern die Eigentümer von Endesa über unser Angebot entscheiden«, betonte Wulf Bernotat, der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Energiekonzerns.

Nachdem die Regierung die Befugnisse der Regulierungsbehörde im Februar erweitert hatte, drohte der Sprecher der EU-Kommis­sion, Jonathan Todd, mit Sanktionen. Man werde »nicht zögern einzuschreiten«, sollte Spanien den »freien Kapitalfluss« behindern. Die sozialdemokratische Regierung, die eine Übernahme durch Gas Natural favorisiert, musste Ende April nach der Zurechtweisung der EU eine zweite Niederlage einstecken. Der oberste spanische Gerichtshof blockte vorerst das Übernahmeangebot des katala­nischen Konzerns aus kartellrechtlichen Gründen ab. Zur Freude des Vorstandes von En­desa, der einen Verkauf an den heimischen Konkurrenten als »feindliche Übernahme« ansieht.

Der spanische Ministerpräsident José Luis Zapatero hingegen hob die Bedeutung von »soliden und starken spanischen Unternehmen« hervor, die er von ausländischen Investoren bedroht sieht. Zudem sorgt er sich um die als sicher geglaubte Vormachtstellung auf dem lateinamerikanischen Energiemarkt. Endesa ist derzeit das größte Energieversorgungs­unternehmen in Mittel- und Südamerika. Auch Cándido Méndez, Sprecher der Gewerkschaft UGT, äußerte seine »grundsätzliche Ablehnung« der Pläne von Eon und forderte, dass der Energiesektor unter »öffentlicher Kontrolle« bleiben müsse.

Aber nicht Eon entzieht den Energiemarkt der Kontrolle des Staates. Erst durch die Privatisierung des ehemaligen Staatskonzerns, die die konservative Volkspartei PP während ihrer Regierungszeit durchsetzte, ist die anstehende Übernahme möglich geworden. Die Kritik, dass Energie ein allgemein verfügbares Gut sein sollte, hört man in der Diskussion aber auch von Linken selten. Mit der Übernahme wäre Eon mit mehr als 100 000 Angestellten und 50 Millionen Kunden in über 30 Ländern der größte Energiekonzern der Welt. Ob in Zukunft Gas Natural oder Eon die Mil­liardengewinne einstreicht, dürfte für die Verbraucher jedoch keinen Unterschied machen.

Spanische Medien berichteten in der vergangenen Woche, dass eine positive Entscheidung der CNE mit starken Auflagen für Eon ver­knüpft sein könnte, unter anderem ist davon die Rede, dass der Verkauf des Tochterunternehmens Ruhrgas gefordert werden könnte. Der Vorstandsvorsitzende von Eon macht davon unbeeindruckt einen siegessicheren Eindruck: »Wir rechnen damit, dass die spa­nische Energiebehörde CNE unser Angebot ohne Auflagen akzeptieren wird.« Dabei stützt er sich auf die Entscheidung der EU-Kommis­sion, die bereits im April der Übernahme ohne Auflagen zugestimmt hat und weiterhin »aufmerksam den Fortgang des Zusammenschlusses« beobachtet, wie EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes berichtete.

thorsten mense