Dünne Luft im Luftraum

Die israelische Regierung misstraut den internationalen Truppen und will mit den Flügen über den Libanon Stärke zeigen. Doch nicht alle Israelis halten dies für hilfreich. von andrea livnat, tel aviv

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, scheint die Devise der israelischen Regierung zu sein, wenn es um die internationalen Truppen im Libanon geht. Ein Mittel, diese Kontrolle auszuüben, sind die Einsätze der Luftwaffe, die seit dem Beginn des Unifil-Einsatzes über den Libanon fliegt. Doch international werden diese Flüge als Verstoß gegen die Waffenruhe und die UN-Resolution 1701 gesehen. Europäische Diplomaten warnen davor, dass diese Manöver Syrien dazu veranlassen könnten, es den Israelis gleichzutun und den libanesischen Luftraum zu verletzen.

Doch Israel geht es um mehr als nur um Kontrolle. Man ist davon überzeugt, dass die internationalen Truppen ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. So soll ein Dokument der Armee existieren, in dem als Ziel der Flüge ausgegeben wird, Druck auf die am Einsatz beteiligten Staaten auszuüben, damit diese den Waffenschmuggel wirksam verhindern und die Freilassung der beiden entführten Soldaten bewirken.

Israel beschwert sich darüber, dass das Embargo nicht eingehalten werde und die Hizbollah weiterhin Waffenlieferungen aus Syrien erhalte. Mitte Oktober berichtete ein Offizier des militärischen Nachrichtendienstes, dass Syrien direkt in den Schmuggel involviert sei. Durch die Kontrollflüge glaubt Israel, einen Überblick über die Transporte zu erhalten, die zumeist über die grüne Grenze und nicht über die Grenzübergänge durchgeführt werden.

Mitte Oktober empörte sich der Kommandeur der Unifil, der französische General Alain Pellegrini, vor dem Sicherheitsrat der UN über diese Verletzungen der UN-Resolution. Notfalls müssten »auch andere Maßnahmen in Erwägung gezogen werden«, um die israelischen Flugzeuge zu stoppen. In Israel wiederum zeigte man sich empört über diese Äußerungen und verlangte eine Stellungnahme der UN. Pellegrini habe wohl vergessen, dass es die Hizbollah sei, die die regionale Stabilität gefährde. Kurz nach diesem Schlagabtausch folgten die Zwischenfälle mit der deutschen Marine.

Die meisten Israelis dürften in etwa so empfinden, wie es ein Kommentator in der Zeitung Ma’ariv formuliert: »Wir hatten kein besonderes Interesse daran, dass europäische Truppen, die, um es milde auszudrücken, keine großen Sympathien für uns hegen, vor unserer Nase stationiert werden.« Israel habe jedoch keine andere Wahl gehabt, weil es nicht gelungen sei, die Hizbollah auszuschalten. Nun müsse man eben den Preis für die Internationalisierung zahlen. Schließlich seien die internationalen Truppen nicht gekommen, um die Arbeit der israelischen Armee zu verrichten. »Sie kamen im Rahmen einer Uno-Truppe, und ihre Aufgabe ist sicherzustellen, dass beide Seiten die Feuerpause einhalten. Ja, beide Seiten. Auch Israel«, schreibt Ma’ariv.

Doch allzu intensiv wird nicht darüber diskutiert, ob die Flüge über den libanesischen Luftraum notwendig und hilfreich sind. Eine der wenigen entschiedenen Ansichten konnte man im Editorial der Wochenendausgabe der Zeitung Ha’aretz lesen: Die Annahme, dass Provokationen dieser Art den israelischen Interessen dienten, sei jahrelang Teil der Sicherheitspolitik gewesen. Doch nach den Zerstörungen, die die israelische Armee in diesem Krieg in Beirut angerichtet habe, seien derlei Demonstrationen wohl nicht nötig. Die Botschaft sei verstanden worden, habe jedoch nicht den gewünschten Effekt gehabt. Vielmehr sei die Hizbollah gestärkt aus diesem Krieg hervorgegangen. Israel solle den Waffenschmuggel nicht billigen, aber mit diplomatischen Mitteln dagegen vorgehen.

Dieser Ansicht dürfte sich weder die Regierung noch das Militär anschließen. Dennoch wird Israel die Anwesenheit der internationalen Truppen respektieren müssen. Aber da in Israel die Erwartungen an die Unifil gering sind, kann es auch keine große Enttäuschung geben.