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Im falschen Film

Deutscher Film. Bisher nahm man an, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen vor allem drei Hobbies nachgeht: Fußball, Saufen, Fernsehen. Doch sie findet auch noch die Zeit, ins Kino zu gehen. Die deutschen Filmtheater verzeichneten 2006 einen Zuwachs der Besucherzahlen von mehr als sieben Prozent. Noch dazu sehen sich die Deutschen immer häufiger deutsche Filme an. Ihr Marktanteil stieg auf mehr als ein Viertel. Das ist der höchste Wert, den die deut­sche Filmförderungsanstalt jemals verzeichnet hat. Der Erfolg dürfte auch von der recht großzügigen staatlichen Unterstützung herrühren. Der Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) fördert deutsche Produktionen in den nächsten drei Jahren mit insgesamt 180 Millionen Euro. Man darf also weitere hochwertige Streifen erwarten. 2006 waren schließlich die unsägliche Romanverfilmung »Das Parfüm« und die Klamotte »7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug« die erfolgreichsten Filme. (mst)

Mit 66 Jahren

The Stooges. Am Anfang der siebziger Jahre gab es eine Band, die anders war als alle anderen. Ihr Sänger sprang, robbte oder kroch über die Bühne. Er grölte und johlte, schlug sich blutig oder hüpfte ins Publikum. Die anderen Musiker droschen manisch auf ihre Instrumente ein und brachten die fieseste Form von Rockmusik zustande, die es bis dahin gegeben hatte. The Stooges waren auch deshalb so großartig, weil sie ihren Hang zur Selbstzerstörung auf der Bühne auslebten. Lange gab es die Band nicht. 1969 veröffentlichte sie ihre erste Platte, 1974 löste sie sich auf. Doch wer dachte, The Stooges seien im Jahr 2005 nur vorübergehend für einige Konzerte wieder zusammengekommen, irrt. Im März erscheint das neue Album mit dem Titel »The Weirdness«. Natürlich singt Iggy Pop, die Brüder Ron und Scott Asheton spielen Gitarre und Schlagzeug. Mike Watt von The Minutemen steht am Bass. Steve Mackay, der auch ein Mitglied von Roxy Music war, ist als Saxofonist dabei. »Weird« wirkt zunächst einmal, dass 60jährige Musiker an alte Zeiten anknüpfen wollen. Dennoch dürfte die Rückkehr der Stooges nicht peinlich werden. Die Konzerte 2005 waren wunderbar. Das neue Album hat Steve Albini produziert. Die Songs tragen Titel wie »End of Christianity«, »Claustrophobia« oder »Greedy Awful People«. Die angry young men von damals sind älter geworden. Aber die Altersmilde scheint sich nicht eingestellt zu ha­ben. (mst)

Die digitale Guerilla

Hackerangriff. Hat es überhaupt irgendjemand bemerkt? In der vergangenen Woche haben Hacker den größten Angriff auf das Internet seit 2002 durchgeführt. In den USA haben die bisher Unbekannten drei zentrale Großrechner lahm gelegt. Diese so genannten Root Name Server verwalten für gewöhnlich Adressdateien, waren aber nach der Attacke zwölf Stunden lang nicht mehr erreichbar. Ein Rech­ner gehört dem US-Verteidigungsministerium. Der Internetverkehr blieb jedoch weitgehend unbeeinträchtigt. Um die Ausfälle auszugleichen, wurden andere Server auf der ganzen Welt stärker belastet. Im Jahr 2002 hatten Hacker 13 wichtige Großrechner in den USA angegriffen. Seither warnten Internetbetreiber wiederholt vor immer professionelleren Attacken. Der Angriff in der vergangenen Woche soll nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen überwiegend von Hackern aus Südkorea ausgeführt worden sein. Doch irgendwie bleibt die Frage nach der Motivation der Täter offen: Warum versuchen Hacker, den Internetverkehr zum Zusammenbruch zu bringen? Ein passionierter Autofahrer käme schließlich auch nicht auf die Idee, Ölpipelines zu sabotieren. (mst)

Wenn es sein muss

Ehrenbürger. Jetzt erhält er die Auszeichnung also doch. Die CDU, die Grünen und die FDP hatten vorgeschlagen, Wolf Biermann zum Ehrenbürger der Stadt Berlin zu machen. Die Regierungsparteien SPD und Linkspartei hatten den Vorschlag vehement abgelehnt. Bier­mann sei »systemkonform«, ja sogar ein »Bellizist«. Er habe den Irak-Krieg befürwortet, wurde dem 1976 aus der DDR ausgebürgerten »Liedermacher« von der Linkspartei vorgeworfen. Wahrscheinlich war es dann aber doch peinlich, dass sich in der Diskussion ausgerechnet Dieter Dehm in einem Zeitungsartikel über Biermann ausließ. Dehm soll Biermann im Auftrag der Stasi bespitzelt haben. Und so gab es in der vergangenen Woche keine große Diskussion mehr im Berliner Senat. Wolf Biermann wird Ehrenbürger. Wie viel dem Senat an dem Beschluss liegt, hat er mittlerweile bewiesen. Die Mit­teilung des Senatspresseamts zu der Entscheidung war lediglich neun Zeilen lang. Biermann wird in ihr nur als »Liedermacher« bezeichnet. Ein Grund, weshalb er die Ehrenbürgerwürde erhält, wird nicht angeführt. (mst)

Man spricht deutsch

Musikportal. Werte Musiker, habt ihr alles getan, um bekannt zu werden? Habt ihr nicht nur eine eigene Homepage, sondern auch ein Profil bei dem Internetportal »Myspace« und bei etlichen anderen eingerichtet? Und dennoch will sich der Erfolg nicht einstellen? Dann könnte euch »Giggoo« unter Umständen von Nutzen sein. Die Betreiber des neuen Portals, das seit der vergangenen Woche on­line ist, wollen unbekannten Bands und Musikern die Möglichkeit geben, ihre Songs und Alben vielen Hörern im Internet zugänglich zu machen. Die Anbieter wollen dafür sorgen, dass kleine Kapellen nicht von den Werbemaßnahmen der Majorlabels verdrängt werden oder in einer unüberschaubaren Masse untergehen. Coverbands, Alleinunterhalter und ähnliche Erscheinungen sollen keinen Zugang erhalten. Deshalb muss sich jede Band zunächst darum bewerben, von »Giggoo« aufgenommen zu werden. Als Internetlabel bieten die Macher den Mitgliedern noch dazu die Gelegenheit, Alben in den großen Online-Shops zu verkaufen. Schlecht klingt das nicht. Es sieht aber wirklich miserabel aus. Die Profile der Bands sind noch hässlicher als bei »Myspace«. Und den Hauch der großen, weiten Popwelt verbreitet »Giggoo« auch nicht unbedingt. Das Portal wird ausschließ­lich auf Deutsch betrieben. Das hat irgendwie den Charme eines Auf­tritts im Jugendzentrum von Wanne-Eickel. (mst)