Ein Beitrag der Zivilgesellschaft

Die US-Regierung hat den österreichischen Ölmulti OMV wegen geplanter Geschäfte mit der nationalen iranischen Ölgesellschaft gerügt. In Österreich sind die Reihen hinter OMV fest geschlossen. von stephan grigat, wien

Es geht um einen Geschäftsvorgang, der mit dem Nuklearprogramm nichts zu tun hat.« Mit diesen Worten versuchte die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik der Öffentlichkeit weiszumachen, man könne über die geplanten Geschäfte des österreichischen Ölmultis OMV mit dem Regime in Teheran unabhängig von dessen Atomprogramm diskutieren. Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass sich die OMV mit der nationalen iranischen Ölgesellschaft auf einen Vorvertrag für ein Gasprojekt im Gesamtvolumen von 22 Milliarden Euro verständigt hat. Ein Sprecher des US-Außenministeriums ließ daraufhin verlautbaren, dass die Regierung sich vorbehalte, aufgrund des Iran Sanctions Act Maßnahmen gegen die OMV zu ergreifen.

Der geplante Abschluss würde die iranische Theokratie nicht nur zu einem der Haupthandelspartner Österreichs, sondern zu einem wichtigen strategischen Partner Europas befördern. Jeder weiß, dass der Abschluss eines Geschäfts von diesem Ausmaß einen umfassenden Erfolg für die Apokalyptiker im Iran darstellen würde. Umso unverhohlener muss diese Tatsache in Abrede gestellt werden. In der Verteidigung des ehemaligen Vorzeigebetriebs der verstaatlichten Industrie hält man in der Alpen­republik die Reihen fest geschlossen. Plassnik ruft zu »Nüchternheit und Sachlichkeit« auf, was bedeuten soll, dass die Kritiker nicht immer auf den iranischen Vernichtungsdrohungen gegen Israel herumreiten sollen. Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer, entdeckt angesichts eines 22 Milliarden-Euro-Geschäfts die friedenspolitischen Segnungen des internationalen Handels. Das OMV-Projekt könne eine »deeskalierende Funktion« haben. Der SPÖ-Abgeordnete Caspar Einem ist ganz auf Linie des europäischen Appeasement: »Wir denken, dass eine Strategie, die das Gespräch aufrecht erhält, letztlich mehr Aussichten auf Erfolg hat als eine Sanktionspolitik.«

Eine Meisterleistung an kritischem Opportunismus boten die Grünen. Die Außenpolitikerin Ulrike Lunacek sieht ein Problem des Timings: »Es ist kein günstiger Zeitpunkt für das Iran-Geschäft der OMV.« Anstatt eine konsequente Isolierung der iranischen Klerikalfaschisten zu fordern, was man von einer Politikerin, die auch »Sprecherin für die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgenders« ist, angesichts der Verfolgung von Homosexuellen im Iran hätte erwarten können, war es Lunacek ein Anliegen klarzustellen, dass US-Gesetze in Österreich keine Geltung haben. Im Übrigen solle die OMV die Chance wahrnehmen, auch einen »zivilgesellschaftlichen Beitrag« zu leisten. Vielleicht kommt es ja demnächst zu einer Radikalisierung der Ökopaxe, und die Grünen fordern, dass im Schriftverkehr zwischen der OMV und den iranischen Misogynikern immer schön geschlechtsneutral formuliert werden muss.

Herbert Scheibner, stellvertretender Klub­ob­mann der FPÖ-Abspaltung BZÖ, betätigte sich als Lautsprecher der Volksmeinung: »Man braucht sich von keinem Land irgendwelche Vorschriften machen zu lassen.« Michael Moravec schrieb sich im Standard gegen die »kaum mehr zu übertreffende Arroganz«, die »selbstherrliche Einmischung« und den »rechtlichen Chauvinismus der USA« in Rage.

Einer der wenigen, die den nationalen Schulterschluss bei der Verteidigung der Grundfreiheit auf Geschäftsbeziehungen mit den Mullahs nicht mitmachen wollten, war der Kolumnist Christian Ortner, der in einem Kommentar mit dem treffenden Titel »Gas vom Gaskammer-Leugner« in der Presse resigniert feststellte: »Im Zweifelsfall genießt eine Liaison zwischen Mullah-Diktatur und Mineralölmulti hierzulande mehr Ansehen als jene, denen wir die Befreiung von den Nazis offenkundig noch immer nicht verziehen haben.«