Veto und Kalkül

Die US-Debatte über den Irak-Krieg von william hiscott

An seiner Autorität wollte George W. Bush keinen Zweifel aufkommen lassen. Er sei nun einmal der commander guy, erklärte der US-Präsident in der vergangenen Woche, und deshalb stehe ihm, und nicht etwa dem Kongress, die Entscheidung über die Fortführung des Irak-Kriegs zu.

Bush legte sein Veto gegen die Gesetzesvorlage der Demokraten ein, die die Bereitstellung von über 100 Milliarden Dollar für den Irak-Krieg an eine Reihe von Bedingungen knüpfte. Die irakische Regierung sollte dazu verpflichtet werden, innerhalb bestimmter Fristen Erfolge vorzuweisen, und die US-Truppen sollten stufenweise abgezogen werden, nach einem festgelegten, aber nicht verbindlichen Zeitplan. Um das Gesetz gegen das Veto Bushs verabschieden zu können, wäre eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Da die republikanische Minderheit im Kongress noch nahezu geschlossen hinter dem Präsidenten steht, muss nun erneut über die Gesetzesinitiative verhandelt werden.

Es geht in der Debatte nicht allein um das richtige Vorgehen im Irak, sondern auch um die Vollmachten des Präsidenten und das Verhältnis zwischen ihm und dem Parlament. Bush hat klargemacht, dass er als Oberkommandierender der Streitkräfte über die Strategie im Irak allein entscheiden will. Aus seiner Sicht ist die Einmischung des Kongresses eine Verletzung der Verfassung.

Die Demokraten dagegen wollen das Recht des Parlaments, über den Haushalt zu entscheiden, nutzen, um die Macht des Präsidenten einzuschränken. Etwa ein Drittel der demokratischen Kongressabgeordneten hat sich der Plattform »Out of Iraq« angeschlossen und fordert den sofortigen Truppenabzug. Ein Drittel der Demokraten hält dagegen einen schnellen Truppenabzug für gefährlicher als die Weiterführung des Kriegs, der Rest der Fraktion ist unentschlossen. Somit steht eine zersplitterte Partei einer trotz der auch unter Republikanern wachsenden Unzufriedenheit mit der Sturheit des Präsidenten geschlossenen Front gegenüber.

Den Krieg schnell beenden können die Demokraten nicht, und viele von ihnen wollen es auch gar nicht. Einig ist sich die Partei jedoch in dem Bestreben, die Unzufriedenheit der Bevölkerung zu nutzen. Fast 60 Prozent der US-Amerikaner befürworten einen geordneten Rückzug aus dem Irak, und obwohl die Präsidentschaftswahlen erst im November 2008 stattfinden, ist der Wahlkampf bereits in vollem Gange.

Der Präsidentschaftskandidat John Edwards etwa fordert lautstark den sofortigen Abzug der Truppen. Es gereicht ihm zum Vorteil, dass er nicht mehr Kongressmitglied ist und daher nicht über einen Kompromiss verhandeln muss. Ein solcher Kompromiss könnte dazu führen, dass die Wähler in den Demokraten eine Partei sehen, die den Krieg im Irak mit zu verantworten hat.

Ein ähnliches Zusammenspiel von institutionellem Machtkampf und politischem Kalkül hat den Vietnam-Krieg um mehrere Jahre verlängert. Auch Richard Nixon sah sich als commander guy und die Einmischung des Kongresses als eine Zumutung. Im Parlament erschwert der institutionalisierte Dauerwahlkampf von Politikern, die sich auch innerhalb ihrer Partei profilieren müssen, die Entscheidungsprozesse. Ein Präsident, der nur ein Drittel der Abgeordneten auf seiner Seite hat, kann fast uneingeschränkt regieren und Entscheidungen über Leben und Tod von US-Soldaten wie auch Irakern treffen. Dagegen haben die Demokraten noch kein Mittel gefunden oder finden wollen, obwohl es vor allem die Ablehnung der Irak-Politik Bushs war, die ihnen im vergangenen Jahr zum Wahlsieg verholfen hat.