Alter Schwedendemokrat

Die »Schwedendemokraten« sind auf dem Vormarsch. Die Rechtsextremen hoffen, so stark zu werden wie ähnliche Parteien in anderen skandinavischen Ländern. von bernd parusel, stockholm

Manche haben es mit Schadenfreude verfolgt, andere eher mit Sorge: Die Führung der rechtsextremen »Sverigedemokraterna« (»Schwedendemokraten«) suchte in den vergangenen Wochen verzweifelt nach einem Veranstaltungsort für ihren Parteitag. Ursprünglich sollten die rund 200 Delegierten Ende April zusammenkommen, aber ein Konferenzveranstalter nach dem anderen hatte abgesagt. Ein Stock­holmer Hotel erklärte, man akzeptiere Rechtsex­treme nicht als Gäste. Andere verwiesen auf mögliche militante Proteste linker Demonstranten.

Auch Pläne, den Kongress nach Dänemark zu ver­legen, scheiterten. Dem Vorsitzenden der »Schwedendemokraten«, Jimmie Åkesson, einem 28jährigen Politikstudenten aus Sölvesborg, blieb nichts anderes übrig, als den Parteitag zu verschieben. Er soll nun am kommenden Wochenende stattfinden. Dieses Mal gibt es auch einen Gastgeber. Die südschwedische Stadt Karlskrona will den Rechtsex­tremen einen Gemeindesaal zur Verfügung stellen.

Das von viel Medienrummel begleitete Gezerre um den Parteitag wurde zum Teil als »Widerstand« der Zivilgesellschaft gegen Rechtsextreme begrüßt. Zum Teil gab es aber auch Befürchtungen, die Probleme der »Schwedendemokraten« könnten ihr Image als Martyrer verstärken. Obwohl sie von den etablier­ten Parteien isoliert wurden, sind die »Sverigedemo­kraterna« seit ihrer Gründung im Jahr 1988 immer stärker geworden. Bei den Parlaments- und Kommunalwahlen im September scheiterten sie zwar mit rund 2,9 Prozent der Stimmen an der Vierprozenthürde für den Einzug in den Reichstag in Stock­holm, übersprangen jedoch die 2,5-Prozent-Marke, die nötig ist, um Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu bekommen.

Kandidaten der »Schwedendemokraten« zogen in 144 Gemeindeversammlungen und drei Regionalparlamente ein, in so viele wie nie zuvor. Manche Orte in Südschweden sind mittlerweile regelrechte Hochburgen. In Landskrona in der Region Schonen bekam die rechtsextreme Partei 22,2 Prozent. In Karlskrona, wo man sich nun als gastfreundlich erweist, liegt sie bei zehn Prozent.

Einige der im Parlament vertretenen Parteien än­dern mittlerweile ihre Strategie, die Rechts­ex­tre­men schlicht zu ignorieren. In den vergangenen Wochen suchten gleich drei Politiker großer Parteien erstmals die öffentliche Auseinandersetzung mit Åkesson. Im privaten Fernsehsender TV8 traf er zunächst auf den Generalsekretär der liberalen Volkspartei »Folkpartiet«, Erik Ullenhag, dann auf dessen Kollegen von den kon­servativen »Moderaten«, Per Schling­mann. Eine weitere Fernsehdiskussion führte Åkesson mit der neuen Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Mona Sahlin. »Alle guten Kräfte müssen bereit sein, umzudenken und einen deutlicheren Dialog mit unzufriedenen Wählern einzuleiten«, sagte Sahlin über ihre Gründe, mit Åkesson zu diskutieren.

Auch wenn dieser im Fernsehen nach der Einschätzung der meisten Zuschauer den Kür­zeren zog und nicht glaubhaft machen konnte, warum Einwanderung ein »Grundproblem« für Schweden sei, könnten die Auf­tritte seiner Partei helfen. Sie wird von unter­schied­lichen Bevölkerungsgruppen unterstützt. Eine davon sind Wähler aus dem bürgerlichen Milieu, die der Meinung sind, die Politik der etablierten Parteien ver­harm­lose die Probleme, die Schweden wegen der Einwanderung habe. Andere Wähler der Rechtsextremen werden eher den Sozialdemokraten zugerechnet, sind von sozialem Abstieg bedroht und lasten dies den anderen Parteien und den Immigranten an.

Die »Schwedendemokraten« appellieren an diese Wähler mit ihrem Hauptthema, der Ausländerfeindlichkeit. Daneben bieten sie eine bunte Mischung aus linken und rechten Programmpunkten. Sie fordern ein besseres Gesundheitssystem und eine Wiederherstel­lung des Sozialstaats, wenden sich aber auch gegen Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern. Erfolgreich sind sie auch mit ihrer nationalistischen Kritik an Schwe­dens Mitgliedschaft in der EU. So hoffen sie, künftig ähnliche Erfolge zu erzielen wie rechtspopulistische Parteien in den anderen nordischen Ländern.

In Finnland etwa feierte bei der Wahl im März die nationalistische Partei »Wahre Finnen« (»Perussuomalaiset«) ihr bislang bestes Wahlergebnis. Die von Timo Soini angeführte Gruppierung konnte ihren Anteil gegenüber der vorigen Wahl auf 4,1 Pro­zent der Stimmen erhöhen, d.h. mehr als verdoppeln, und hat nun fünf statt bisher zwei von 200 Sitzen im Helsinkier Parlament. In Finnland leben im Unterschied zu Schweden weniger Einwanderer aus Ländern außerhalb Europas. Die Partei wendet sich auch gegen die EU und will den Schwedisch­unterricht in finnischen Schulen abschaffen.

In Dänemark und Norwegen sind Rechtsextreme und Rechtspopulisten noch stärker. Die »Dänische Volkspartei« von Pia Kjaersgaard hat 24 Sitze im 179 Abgeordnete zählenden Parlament in Kopenhagen und stützt seit dem Jahr 2002 die Regierung von Premierminister Anders Fogh Rasmussen. Sie hat mehrere Verschärfungen der Einwanderungs- und Asylpolitik mit durchgesetzt. Norwegens »Fortschrittspartei« (»Fremskrittspartiet«) erzielte im Jahr 2005 das beste Wahl­ergebnis ihrer Geschichte und stellt seither nach der sozialdemo­kratischen »Arbeiderpartiet« die größte Fraktion im Osloer Parlament. Sollten die konservativen Parteien das gegenwärtig regierende links-grüne Bündnis ablösen wollen, dürften sie dies nur im Bund mit der »Fortschrittspartei« schaffen. Manchen Umfragen zufolge ist deren Vorsitzende Siv Jensen nach Premierminister Jens Stoltenberg die beliebteste Politikerin im Land.

Jimmie Åkesson ist von der Beliebtheit einer Siv Jensen oder Pia Kjaersgaard zwar noch weit entfernt, aber seine Partei wächst. Um ihren Aufstieg zu verhindern, braucht es, so Daniel Poohl von der Stiftung Expo, die rechtsextreme Parteien und Bewegungen in Schweden beobachtet, mehr als nur Fernsehdiskussionen mit Spitzenpolitikern. Die Regierungsparteien müssten anfangen, gerade die Rechte und Freiheiten zu vergrößern, die die »Schwedendemokraten« einschränken wollten, meint Poohl. Gemeint sind etwa das Asylrecht oder auch die Rechte von Schwulen und Lesben. Schwedens konservative Regierung zeigt an derlei Fragen bisher allerdings wenig Interesse.