Kleines Urteil

Prozess wegen G8-Gipfel in Genua von federica matteoni

Das italienische Innenministerium ist am Ende billig davon gekommen: 5 000 Euro zuzüglich Prozesskosten. Ganz unbedeutend ist das Urteil, das Anfang Mai von einem Gericht in Genua gefällt wurde, jedoch nicht. Es war die erste Verurteilung in einem Verfahren wegen eines Polizeieinsatzes bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua im Sommer 2001. Marina Spaccini, eine ehemalige Missionarin, die damals gemeinsam mit Anhän­gern der linkskatholischen Gruppe »Rete Lilliput« den aufgerüsteten Polizisten ihre weiß bemalten Hände zeigte und dabei »Non violenza!« rief, wurde brutal zusammengeschlagen und kam mit einer tiefen Kopfwunde ins Krankenhaus. Da sie keinen der vermummten Schläger erkennen konnte, zeigte sie das Innenministerium an.

Nicht nur die Verurteilung ist ein Novum in der juristischen Aufarbeitung der Ereignisse von Genua. Zum ersten Mal ist in einer Urteilsbegründung zu lesen, bei der »Gewalt gegen friedliche Demons­tranten sowie bei den Lügen, die zu ihrer Rechtfertigung vor Gericht benutzt wurden«, habe es sich keineswegs um »Einzelfälle« gehandelt, sondern um einen »breiter angelegten Plan«. Dies wur­de bisher in den Verfahren gegen füh­ren­de Beamte, die in Genua im Einsatz waren, durch falsche Aussagen, offensichtliche Widersprüche in der Rekons­truk­tion der Ereignisse, Schlamperei mit Beweismaterial, das plötzlich verschwand, sowie durch eine offensichtliche Verschlep­pungstaktik bestätigt.

Und im Verfahren wegen des Todes von Carlo Giuliani spielte auch Phantasie eine Rolle. Es ist nämlich bekannt, dass die Kugel, die Giuliani tötete, dem Gericht zufolge von einem »fliegenden Stein« ab­gelenkt worden sei und nur durch Zufall seinen Kopf traf. Verantwort­lich für seinen Tod ist demzufolge niemand. Dass das Realitätsprinzip in einen genuesischen Gerichtssaal zurückgekehrt ist, ist insofern eine gute Nachricht.

Es fällt allerdings schwer, dieses Urteil, über das nur die Lokalzeitungen von Genua berichteten, als »Beitrag zur Aufklärung der Ereignisse« zu betrachten, wie die Betroffene selbst kommentierte. In zwei Jahren wird für die angeklagten Beamten die Verjährung einsetzen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese erste, kleine Entschädigung auch die einzige bleiben wird.