Alle Signale auf blau

Voraussichtlich wird die UMP von Präsident Sarkozy die Parlamentswahl haushoch gewinnen. Die anderen Parteien können keinerlei Alternativen zu den Konservativen anbieten. von bernhard schmid, paris

Wird die parlamentarische Opposition in Frankreich – vorläufig – totalen Schiffbruch unter der »blauen Welle« erleiden? Bereits vor dem ersten Durchgang der Parlamentswahl am Sonntag sind sich nahezu alle Beteiligten einig: Die konservative Regierungspartei UMP – blau ist ihre Farbe – wird in Zukunft eine starke Mehrheit in der Nationalversammlung haben.

Für viele Oppositionskräfte sieht es vorläufig ganz finster aus. Das neue christdemokratisch-liberale Zentrum unter François Bayrou, von UDF umbe­nannt in »Modem« – das soll modern klingen und ist die Abkürzung für Mouvement démocrate – kämpft um sein politisches Überleben. Denn erst muss es der Partei unter den Bedingungen des Mehrheitswahlrechts noch gelingen, Abgeordnetensitze zu erlangen, um das relativ gute Abschneiden Bayrous bei der Präsidentschaftswahl als Basis für den Aufbau einer neuen Partei nutzen zu können.

Zu Hilfe kommen dem Modem aber Überläufer, die vor allem aus den Reihen der französischen Grünen kommen. Viele Ehemalige der Öko­partei, die durch die Sozialdemokratie an den Rand gedrängt und beinahe völlig zum Verschwinden gebracht worden ist, zieht es nun in die neue Mitte. Drei Kandidaten des Modem in Pariser Wahlkreisen sind ehemalige Grüne, auch der frühere Generalsekretär der Grünen, Jean-Luc Bennahmias, steht nun auf der Liste der Liberalkonservativen. In den vergangenen Wochen haben sowohl der neoliberale Grüne Daniel Cohn-Bendit als auch der langjährige Parteilinke Alain Lipietz vorgeschlagen, ihr Wahlverein möge sich als Bindeglied eines künftigen Bündnises zwischen Sozialdemokratie und dem Modem verstehen. Also irgendwo zwischen Mitte-Links und Mitte-Rechts.

Dorthin zieht es auch führende Sozialdemokraten, denn seit der Wahlniederlage von Ségolène Royal sind die beiden Flügel der Parteirechten – unter Führung von Royal und dem früheren Wirtschaftsminister Dominique Strass-Kahn – in der Offensive. Sie gehen davon aus, dass die Sozialistische Partei die Wahl auf der rechten und nicht auf der linken Seite verloren habe und sich dementsprechend weiter nach rechts bewegen müsse. Es ist allerdings nicht sicher, ob dieses Kalkül aufgehen wird, denn verloren haben die Sozialdemokraten vor allem aufgrund ihrer Unfähigkeit, irgendwelche klaren Alternativen zum dynamisch wirkenden Programm Nicolas Sarkozys anzubieten. Es belegt jedoch, dass die etablierte Linke sich in die politische Mitte begibt, möglichst modern und inhaltslos wird.

Links von der Sozialdemokratie erhofft man sich von der Parlamentswahl ohnehin nicht viel, denn die Logik des »kleineren Übels« – angesichts der Aussicht auf eine starke rechte Übermacht – wird die Sozialdemokraten begünstigen. Die KP hofft, dass sie wenigstens ihren Fraktionsstatus in der Nationalversammlung behalten kann. Derzeit verfügt sie über 24 Abgeordnete, zur Fraktionsbildung sind mindestens 20 Sitze nötig. Diese wird sie wahrscheinlich nicht erhalten. Dann bleibt ihr nur noch, bei den Kommunalwahlen Anfang 2008 einige Rathäuser zu behalten, sonst steht es richtig schlecht um ihre politische Zukunft.

Die Rechtsextremen haben ebenfalls Probleme. Der Front National (FN) dürfte sich nicht so schnell von der relativen Niederlage seines Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen bei der Präsidentschaftswahl erholen. Ferner äußern sich, der aktuellen Ausgabe des rechten Wochenmagazins Valeurs actuelles zufolge, derzeit 88 Prozent der Anhänger Le Pens positiv über den Beginn der Amtszeit Sarkozys. Mit voraussichtlich fünf bis acht Prozent der Stimmen dürfte der FN auf einem vorläufigen Tief­stand landen. Die Verantwortlichen der Partei hoffen, dass Sarkozy die Erwartungen und Hoffnungen seiner rechtsextremen Wähler bald enttäuschen wird.