Es wird wärmer

Das Klima beim G8-Gipfel von jörn schulz

Wenn sich die Amtszeit eines US-Präsidenten dem Ende zuneigt, denkt er darüber nach, wie die Historiker wohl über ihn urteilen werden. Bill Clinton bemühte sich, im Juli 2000 durch die Vermittlung eines Friedensvertrages zwischen Israelis und Palästinensern dem Urteil zu entgehen, er sei ein mittelmäßiger Präsident gewesen. Bald darauf begann die al-Aqsa-Intifada, und daher denkt man bei der Erwähnung seines Namens an Monica Lewinsky und nicht an den Frieden im Nahen Osten.

Will George W. Bush als Retter des Klimas in die Geschichte eingehen? Im November 2008 soll eine von ihm einberufene Konferenz der 15 Staaten, die am meisten zur globalen Erwärmung beitragen, ein Klimaschutzabkommen beschließen.

Der Vorschlag ist wohl nicht nur ein taktischer Zug, um in Heiligendamm besser dazustehen. Die Weigerung, dem Kyoto-Protokoll beizutreten, war keine einsame Entscheidung Bushs. Ohne Gegenstimmen beschloss der Senat 1997, dass die US-Regierung nur dann ein Klimaschutzabkommen unterzeichnen darf, wenn sich für dessen Laufzeit auch Entwicklungs- und Schwellenländer zu einer Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen verpflichten. Seitdem ist das Interesse am Umweltschutz in den USA jedoch merklich gestiegen. Es ist klar geworden, dass es zu einem Wettbewerbsnachteil für die US-Wirtschaft werden kann, wenn sie sich den nun anstehenden Innovationen verweigert, und aus politischen Gründen soll die Abhängigkeit vom Öl reduziert werden.

Die von Bush vorgeschlagene Konferenz könnte all diesen Interessen dienen. Allerdings dürfte diese Veranstaltung ebenso wenig zur Begrenzung der globalen Erwärmung beitragen wie das Kyoto-Protokoll, das unzureichende Ziele formuliert, die von den meisten Unterzeichnerstaaten nicht erreicht werden. Weiterhin ist die Klimadebatte vor allem ein Mittel der nationalen Profilierung.

Während US-Politiker »nationale Interessen« recht offen vertreten, präsentieren sich europäische und insbesondere deutsche Politiker gerne als Sachwalter des Menschheitsinteresses. Da Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Führungsrolle beim Klimaschutz beansprucht, sollte man erwarten, dass Deutschland den Ausstoß von Kohlendioxid wenigstens ein bisschen reduziert. Doch das Gegenteil ist der Fall (siehe Seite 8), und der Bericht der Deutschen Emissionshandelsstelle nennt auch den Grund dafür: Es besteht »insgesamt ein Überschuss an Emissionsberechtigungen von etwa vier Prozent«.

Die Regierung stattet die Industrie so großzügig mit Verschmutzungszertifikaten aus, dass kaum jemand eines kaufen muss. Viele Konzerne könnten sogar am Verkauf verdienen, wenn nicht die anderen europäischen Staaten ebenso großzügig wären, sodass die Emissionsberechtigungen fast wertlos sind.

Beim G8-Gipfel wird auch über das Patentrecht und den Schutz von Investitionen gesprochen, und die Regierungen fordern in beiden Fällen einhellig schärfere Gesetze. Wenn es um die Interessen ihrer Unternehmen geht, vertrauen sie nicht auf die unsichtbare Hand des Marktes. Der globalen Erwärmung dagegen wollen die EU-Politiker durch die Schaffung eines Marktes für Emissionen Einhalt gebieten, während ihre Kollegen in den USA technologische Innovationen propagieren. Daher wird Bush sich wohl damit abfinden müssen, dass man später einmal bei der Erwähnung seines Namens an den Irak-Krieg denken wird. Die Atmosphäre zu vermarkten und ihren potenziellen Käufern auch noch das zu schenken, was sie eigentlich erwerben sollen, könnte dagegen als besonders bizarres Beispiel für die Irrationalität im Spätkapitalismus in die Geschichte eingehen.