Zinsen für Terror

Prozess um Terrorgeld in Österreich

Die palästinensische Terrorgruppe Abu Nidal Organisation (ANO) war geschickt darin, ihr Geld zu vermehren. Durch Auftragsmorde und Erpressungen hat sie ein beträchtliches Vermögen angehäuft und es auch gewinn­bringend investiert. Im Jahr 1988 sollen die Vermögenswerte der ANO schätzungsweise 400 Millionen Dollar betragen haben. Ein kleiner Teil des Vermögens wurde auch in Wien geparkt. Am 29. Mai begann dort ein Prozess um ein Konto, auf dem sich Geld der ANO befinden soll.

Aufgrund der Popularität des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Bruno Kreisky, der Yassir Arafat und Muammar al- Gaddafi in Eu­ro­pa salonfähig machte, glaubten viele Österreicher, dass es in ihrem Land keine Terroranschläge geben würde. Doch gerade Kreiskys pro-palästinensische Nahost-Politik dürfte zweifellos eine Art Einladung gewesen sein, auf Wiener Boden Terrorakte zu verüben.

So auch die ANO, von dem palästinensischen Terroristen Sabri al-Banna (Abu Nidal) gegründet und verschiedentlich von Syrien, dem Irak und Libyen benutzt. Ihre Mitglieder ermordeten am 1. Mai 1981 den Wiener SPÖ-Stadtrat und Präsidenten der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, Heinz Nittel. Am 29. Juli 1981 wurden zwei einreisende ANO-Mitglieder am Wiener Flughafen mit Munition und Waffen gefasst und sofort ausgewiesen. Am 29. August 1981 schossen Terroristen der ANO mit Maschinenpistolen auf Besucher der Wiener Stadtsynagoge und Passanten, zwei Menschen starben und 20 wurden verwundet.

Im Jahr 2000 wurde die Palästinenserin Halimeh A., als sie von dem mutmaßlichen ANO-Konto zwei Millionen Dollar abheben wollte, wegen Geldwäsche in Wien verhaftet. Das Besondere an dem Konto war: Auch der mutmaßliche Finanzchef des Abu-Nidal-Netzwerks hatte darauf Zugriff. Das Geld war bereits 1991 wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung gesperrt worden. Gegen die Zahlung einer Kaution von 36 000 Euro kam Halimeh A. damals frei – und tauchte in Libyen unter.

Auf dem Konto befinden sich 6,83 Millionen Euro. Halimeh A., die Ehefrau des mutmaßlichen Finanzchefs der Abu-Nidal-Gruppe, möchte diese Summe nun abheben. Der Prozess soll klären, ob es sich tatsächlich um ein ANO-Konto handelt. Ist dies der Fall, zieht der Staat das Geld ein, und es wird für verfallen erklärt.

Genau das wollen die Rechtsanwälte zweier Verletzter des Anschlags auf die Synagoge erreichen, denn nur dann besteht für ihre Mandanten eine Chance auf Ausgleich für die jahrelang erlittenen Schmerzen und Langzeitfolgen. »Wenn das Geld nicht für verfallen erklärt wird, dann steht es wieder für terroristische Zwecke zur Verfügung«, befürchtet die Rechtsvertreterin eines der Opfer.

Die Verhandlung begann überraschend mit dem Ausschluss des Publikums und der anwesenden Journalisten. Farid Rifaat, der Rechtsanwalt von Halimeh A., hat den umstrittenen deutschen »Kenner der Terrorszene« und BND-Mitarbeiter Wilhelm Dietl geladen, vermutlich um seiner Mandantin einen Persilschein auszustellen. Rifaat hat auch drei Beamte der Ausländerpolizei verteidigt, gegen die wegen »Quälens eines Gefangenen mit Todesfolge« ermittelt wurde, nachdem der nigerianische Abschiebehäftling Marcus Omofuma am 1. Mai 1999 nach Knebelung und Fesselung im Flugzeug erstickt war. Ebenso war er der Rechtsanwalt der ANO-Mörder in Wien.

Die Staatsanwaltschaft will auf alle Fälle noch Experten der Gegenseite anhören und hat einen Beweisantrag gestellt, weitere Zeugenbefragungen wurden beantragt, und der Prozess wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

karl pfeifer