Let the sunshine in!

Die Nutzung der Sonnenenergie für die Stromerzeugung macht große Fortschritte. Thermische Solarkraftwerke erleben eine Renaissance. Und die Idee, einen Verbund regenerativer Energien aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse herzustellen, wird immer realistischer. Von Andreas Chollet

Wer die Entwicklung der erneuerbaren Energien über die vergangenen 20 Jahre mitverfolgt hat, muss bemerken, dass mittlerweile auch der Solarenergie viel Aufmerksamkeit zukommt. Dabei ist die thermische Nutzung der Solarenergie bereits gut erforscht, und viele erprobte Produkte sind daraus hervorgegangen. Nicht nur Schwimm­bäder zieren die Sonnenkollektoren, die in gebündelten Röhren Wasser erwärmen und für warme Wohnungen oder heißes Wasser sorgen. Mit dieser Technologie kann inzwischen ein Anteil der Wärmeversorgung von Gebäuden übernommen werden, in gut gedämmten, modernen Häusern bereits die vollständige Heizung. Doch die Sonne kann noch mehr.

In Solarzellen wird direkte Sonnenstrahlung durch den fotovoltaischen Effekt direkt in Elektrizität umgewandelt. An den Materialien, die diesen Effekt erlauben, wird zurzeit immer noch intensiv geforscht. Trotz gewaltiger Fortschritte ist diese Technologie immer noch sehr teuer und kostet in der Herstellung etwa das Zehnfache konventioneller Energie­erzeugungstechniken. Durch weitere For­schungs­erfolge und die Verwendung der Ergebnisse in der Massenproduktion wird für die Zukunft aber noch eine deutliche Senkung der Kosten prophezeit.

Die Politik indes hat das gewaltige Potenzial dieser Technologie erkannt und fördert die Umsetzung in serienreife Produkte durch hohe Einspeisetarife. So werden hierzulande zurzeit jährlich rund drei Milliarden Euro in neue Fotovoltaikanlagen investiert. Noch liegt Deutschland damit weltweit an erster Stelle, aber attraktivere Märkte, was die Einspeisevergütung und den Energieertrag betrifft, erwachsen in Südeuropa mit Spanien, Italien und Griechenland.

Im Zuge des allgemeinen Solarbooms kommt es auch zur Wiederentdeckung einer weiteren, sogar bereits erprobten Sonnentechnologie, um die es 20 Jahre still war – die thermischen Solarkraftwer­ke. Angesichts der Energiekrise der siebziger Jahre machten sich Ingenieure an die Aufgabe, ei­nen konventionellen Kraftwerksprozess statt mit fossi­ler oder nuklearer Energie direkt durch die Sonne befeuern zu lassen. Grundidee dieser Tech­no­lo­gie ist es, das Sonnenlicht durch Spiegel zu bün­deln und damit eine Flüssigkeit zu erhitzen. Die Bünde­lung erfolgt dabei entweder in einer Rin­ne, in de­ren Fokus die Flüssigkeit durch ein Rohr läuft (Pa­rabolrinnenkraftwerk), oder durch ein Spiegelfeld, das alle Strahlung auf einen Turm kon­zen­triert (Solarturmkraftwerk). Die erhitzte Flüssig­­keit kann dann in einem Wärmetauscher die Energie auf einen konventionellen Dampf­kreis­lauf übertragen. Im Dampfkreislauf wird ver­dampf­tes Wasser über eine Dampfturbine entspannt, die wiederum einen Stromgenerator antreibt.

Die Parabolrinnentechnologie ist in den achtziger Jahren in den USA in neun Anlagen verwirklicht worden, die bei einer installierten Gesamtleistung von 354 Megawatt jährlich etwa 800 Mil­lionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Die Stromproduktion lag etwa beim Dreifachen der konventionellen Erzeugungskosten, was insbesondere für Pionieranlagen bereits ein sehr guter Wert war. Doch im Zuge der sinkenden Ölpreise verlor sich das Interesse an dieser Technologie.

Als in den neunziger Jahren Dänemark und Deutschland wirksame Einspeisevergütungen beschlossen, wurden die solarthermischen Kraft­werke nicht berücksichtigt, da sich diese Technologie tatsächlich nur an Orten mit einem hohen Anteil an Sonnenstunden wirtschaftlich bewährt. Während dieser Zeit spielte sie nur in verschiedenen Studien eine Rolle, die einen Energieverbund zwischen Europa und Nord­afrika beschrieben, der vollständig auf erneuerbaren Energien und insbesondere auf der Nutzung der Wasserkraft, der Windkraft und der Solarenergie beruhen sollte. Durch die Kombination dieser drei Schlüsseltechnologien soll auch das grundsätzliche Problem der Solar- und Windenergie gelöst werden: die fehlende Möglichkeit, den erzeugten Strom zu speichern.

Die Erzeugung von Solarstrom folgt zunächst ein­mal im Grundzug der Verbrauchskurve, da der Stromverbrauch von seinem Basisniveau bei Nacht bis zur Mittagszeit ansteigt, um dann bis zum Abend wieder abzufallen. Insbesondere in südlichen Ländern ist dieser Effekt noch stärker, da hier der Stromverbrauch bei Sonnenschein durch die vielen Klimaanlagen mit einer erhöhten Solarstromproduktion korrespondiert. Hingegen weht gerade der Wind eher in Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint. Den Ausgleich und die Basisversorgung sollen die gut regel­baren und meist auch speicherfähigen Wasserkraftwerke und Biomassekraftwerke besorgen.

Nachdem bereits in vielen Ländern zur Jahrtausendwende wirksame Fördermechanismen für Fotovoltaikanlagen verabschiedet worden sind, richtet sich nun der Blick in den sonnenreichen Industrieländern auch auf solarthermische Kraftwerke. So haben die vier sonnenreichsten US-amerikanischen Bundesstaaten Kalifornien, Nevada, Arizona und New Mexico sowie Spanien explizit Einspeisetarife für solarthermische Kraft­werke eingeführt. In Nevada wird auf dieser Basis noch in diesem Jahr ein 64-Megawatt-Parabolrinnenkraftwerk den Betrieb aufnehmen, in Spanien ist derzeit ein 50-Megawatt-Parabolrinnenkraftwerk im Bau. Viele weitere Projekte befinden sich in der Planung. Unter anderem hat sogar China unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel einen Rahmenvertrag zur Entwicklung von solarthermischen Kraftwerken geschlos­sen. Die Tauglichkeit dieser Technologie wurde in der Praxis in Kalifornien bereits über Jahrzehnte erprobt.

Selbstverständlich ist auch diese Technologie noch nicht vollständig ausgereift, im Gegenteil: Heute erst werden die Forschungen ausgeweitet. Doch die Vision der neunziger Jahre, einen Verbund regenerativer Energien aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse herzustellen, ist realistischer geworden.