Kampf um die Wiege

Nur zufällig kamen bei zwei Sprengstoffanschlägen in der Schweiz keine Menschen zu Schaden. Antifaschisten vermuten Rechtsextreme als Täter. von kerstin eschrich

Im Kampf um das nationale Gedenken in der Schweiz mussten Neonazis eine Schlappe hinnehmen, die auch auf das Konto von Antifaschisten geht. Zugleich explodierten Anfang August zwei Sprengsätze, nicht ausgeschlossen, dass sie eine Reaktion der Rechtsextremen auf ihre Niederlage waren.

Eine Explosion ereignete sich am 1. August wenige Minuten nach dem Ende der Veranstaltung zum Schweizer Nationalfeiertag auf der Rütliwiese, der »Wiege der Schweiz«, die den liberalen Bundesstaat symbolisiert. Den Neonazis war es in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, den mit Emotionen verbundenen Ort zu besetzen und während der Gedenkfeiern Präsenz zu zeigen. Dies war dieses Jahr am Gedenktag nicht möglich. Polizeieinheiten verhinderten diesmal, dass Rechts­ex­treme sich auf der Rütliwiese aufhielten.

Etwa 150 Neonazis versuchten erfolglos, das Gelände per Boot und auf dem Landweg zu erreichen. Am 4. August versammelten sich dann 300 Rechtsextreme zum »nationalen Grillen« mit Ansprache auf der heiß umkämpften Wiese. Sie hatten ein Schiff für den Ausflug gechartert.

Am gleichen Tag explodierte eine Brandbombe, die mit einem Zeitzünder versehen war, auf der Straße vor einem Antifa-Festival in Bern. Aufmerksame Besucher hatten dafür gesorgt, dass ein Rucksack, der intensiv nach Benzin roch, wenige Sekunden vor der Explosion aus dem linken Kulturzentrum Reithalle gebracht wurde. Spreng­stoffexperten gehen davon aus, dass Menschen, die sich in unmittelbarer Nähe der Explosion befunden hätten, nicht mehr am Leben wären.