Davy Rothbart und Jason Bitner hatten vor ein paar Jahren eine Idee, die die Rettung ist für alle jene, die nur mühsam davon abgehalten werden, die Schubladen ihrer Mitmenschen nach Liebesbriefen und Tagebüchern zu durchwühlen. Es gibt nämlich Liebesbriefe und Tagebücher, die gar nicht sorgsam in Schubladen verwahrt werden. Manche Liebesbriefe werden als Lesezeichen für Bücher aus der Leihbücherei verwendet und dann dort vergessen, Tagebucheintragungen finden sich manchmal auf Papiertaschentüchern, und auch auf Bierdeckeln, Einkaufslisten und Kassenbons werden die unglaublichsten Dinge notiert. Vor einigen Jahren begannen Rothbart und Bitner, ihre Fundstücke in einem jährlich erscheinenden Magazin zu veröffentlichen, die besten dieser »Finds« wurden 2004 in einem Sammelband zusammengefasst, der nun auch auf Deutsch erschienen ist. »Absender unbekannt« heißt die deutsche Ausgabe mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass die enthaltenen Alltagstexte übersetzt sind, nicht mehr authentisch also. Das Buch ist komisch, traurig, tiefsinnig und vollkommen sinnlos. Wie kam es wohl zu folgendem Gruß: »Alles Gute zum 30., Kleines. Es wird besser und besser! Und dann wird’s schlimmer«? Fragen, die helfen, die Zeit herumzubringen, bis genug Menschen der Aufforderung, Fundstücke aus dem deutschsprachigen Raum unter www.absender-unbekannt.de zu veröffentlichen, nachgekommen sind, dass es für einen neuen Sammelband reicht.
Absender unbekannt. Gefundene Zettel, Mitteilungen und Briefe. Kein&Aber, Berlin 2007, 160 Seiten, 14,90 Euro
