Bleibt geschmackssicher!

Der letzte linke Student Von jörg sundermeier

Der letzte linke Student ist irritiert. Denn: sein Geschmack irrt sich. Dabei: kann sich sein Geschmack gar nicht irren. Denn: es ist ja sein Geschmack. Demzufolge: mag der Geschmack des letzten linken Studenten das, was der letzte linke Student mag. Das zu begreifen, ist nicht schwer. Das zu begreifen, ist eher: einfach.

Daher ist der letzte linke Student jetzt irritiert. Denn sein Geschmack mag einen Song, den der letzte linke Student nicht mögen darf. Der Song, den der Geschmack des letzten linken Studenten mag, ist nicht einmal ein richtiger Song. Richtige Songs: klingen nach Gitarre. Und nach Gesang. Dieser Song aber ist ein Rap. Und es gibt keine Gitarre. Stattdessen gibt es Beats. Oder Beatz. Das heißt: es gibt Schläge. Jedenfalls: Wenn man das übersetzt. Also: das Wort jetzt. Schon mit dem Wort Beats macht die Musik, die Beats benutzt, klar: sie ist eine gewaltverherrlichende Musik. Zudem: benutzt der Rapper, das ist der Sänger im Rap, ganz viele fiese Wörter. Natürlich gilt: schlagt die Faschis­ten, wo ihr sie trefft. Und natürlich gilt nicht: schlagt die Schwulen, wo ihr sie trefft. Im Rap aber: wird gerade letzteres immer wieder gerappt. Und ersteres: gar nicht so oft.

Trotzdem mag der Geschmack des letzten linken Studenten nun diesen einen Song, der ein Rap ist. Ja: der Song, der ein Rap ist, ist dem letzten linken Studenten sogar zu einem Ohrwurm geworden. Was tun (die alte Frage der Linken)? Der letzte linke Student schreibt in sein besonderes Notizbuch: »Manchmal kann ich van Gogh verstehen. Der hat sich ein Ohr abgeschnit­ten, als es ihm zu viel wurde.« Mehr schreibt er nicht. Und wir? Wir kriegen jetzt mal keine Moral und müssen auf die Fortsetzung warten.