Auf die Zahl ­kommt es an

Das neu geschaffene Ministerium für ­Immigration, Integration und Nationale Identität will bis Ende des Jahres 25 000 Menschen aus Frankreich abschieben. von julian bernstein

»Wir werden die Quote erfüllen«, sagte Brice Hortefeux, französischer Minister für Immigration, Integration und Nationale Identität. Dabei geht es um das Wahlversprechen des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, 25 000 Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung noch in diesem Jahr aus dem Land zu schaffen. Im August kamen dem Erfüllungsgehilfen Hortefeux zunächst Zweifel. Doch nicht an der Absurdität, überhaupt eine Quote festzulegen, sondern lediglich an der Erreichbarkeit der geforderten Zahl von 25 000 Abschiebungen. Stolz lobte der Minister zwar eine 300prozentige Steigerung der Personenkontrollen, musste aber eingestehen, dass man leicht im Plan zurückliege. Dieser Rück­stand soll nun aufgeholt werden.

Hortefeux zitierte in der vergangenen Woche 19 Präfekten, die ihr »Plansoll« nicht erfüllt haben, zu einer Sondersitzung nach Paris. Es seien keine Sanktionen gegen die säumigen Präfekten geplant, sondern es gehe um einen »Dialog« über die »Herausforderung des Zusammenhalts unserer nationalen Identität«.

Hinter diesen Euphemismen verbirgt sich aber eine politische Praxis, die durch ihre Quoten­fixiertheit per se zu Ungerechtigkeiten führt. An der Zahl von 25 000 wird von Sarkozy und Hortefeux festgehalten, als ginge es dabei um eine willkürlich festgelegte Steigerung irgend­eines Industrieprodukts.

Kritik kommt mittlerweile nicht mehr nur von Migrationsverbänden, die mit einem offenen Brief in der Tageszeitung Libération an das Gewissen der Polizeikräfte appellieren und zu ­zi­vilem Ungehorsam aufrufen. Auch die Polizeigewerkschaften beklagen sich über den Druck, der ausgeübt werde, um die geforderte Quote um jeden Preis zu erfüllen. Joaquin Masanet, der Generalsekretär der größten Polizeigewerkschaft Unsa Police, stellte kürzlich die Abschiebung einer festen Anzahl von Menschen in ­Frage, indem er daran erinnerte, dass man ja schließ­lich in einem Land der Menschenrechte lebe. Menschenrechte können in Frankreich nur ganz schnell dort eine Grenze finden, wo Sarkozy Zahlen sehen will.