Respekt vor Antisemiten

Der österreichische Ölmulti OMV plant ein 22-Milliarden-Geschäft mit der nationalen iranischen Ölgesellschaft. Dagegen formiert sich Protest im In- und Ausland. von stephan grigat, wien

»Die OMV begegnet ihren Geschäftspartnern auf gleicher Augenhöhe. Schließlich entspricht der Respekt vor Mensch und Umwelt unseren ethischen Prinzipien.« Das lässt der österreichische Ölmulti OMV, das größte börsennotierte Unternehmen des Landes, seit einigen Wochen in ganz­seitigen Inseraten in österreichischen Zeitschriften verkünden. Der Respekt des Unternehmens scheint momentan vor allem den islamischen Misogynikern, Schwulenmördern und Antisemiten in Teheran zu gelten, nicht aber ihren Opfern. Anders lässt sich schlecht erklären, wie das geplante Geschäft über 22 Milliarden Euro mit dem Iran zu den Prinzipien des Unternehmens passt.

Der geplante Milliardendeal wird nach wie vor von allen im österreichischen Parlament vertretenen Parteien unterstützt. Die Grünen beharren darauf, eine »kritische« Partei zu sein, empfehlen ein menschenrechtliches Engagement der OMV, das das Geschäft begleiten soll und stören sich am Timing der Verhandlungen. Dass es keinen Unterschied macht, ob man ein Regime wie das iranische zu diesem oder jenem Zeitpunkt, mit oder ohne ein paar Anzeigen in einer oppositionellen Zeitung, mit einem 22-Milliarden-Euro-Deal belohnt, scheint dabei nicht weiter zu stören.

In den USA und Israel hat das Engagement des österreichischen Großunternehmens mehr Unmut hervorgerufen. Das US-Außenministerium drohte mit Sanktionen, und in der vergangenen Woche wurde im Wall Street Journal darüber spekuliert, ob die OMV dann kein Geld von US-Investoren mehr erhalten beziehungsweise US-Anleger nicht mehr in den Konzern investieren dürften. Dieses Vorgehen bekäme noch eine besondere Brisanz bei der Übernahme des ungarischen Energiekonzerns MOL durch OMV, was die Stellung des Unternehmens in Mitteleuropa beträchtlich stärken würde. In einigen US-Staaten, darunter auch New York, wird es in Zukunft den Pensionsfonds verboten sein, in Unternehmen, die sich im Iran engagieren, zu investieren.

Bei seinem Besuch in Israel Anfang September war auch der österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mit Kritik an der OMV konfrontiert, die sich zu 31,5 Prozent in Staatsbesitz befindet. Der israelische Regierungschef Ehud Olmert forderte, das Iran-Geschäft des ehemaligen Herzstücks der verstaatlichten österreichischen Indus­trie zu stornieren. Gusenbauer hatte in Jerusalem unverbindlich verlautbart, man müsse den Iran daran hindern, Atomwaffen zu erwerben. Fragen zu den Geschäften der OMV wich er aber aus. Bei seinem Besuch in Yad Vashem sprach der Kanzler auch über die österreichische Rolle während des Nationalsozialismus. Damit setzte er die deutsche Vergangenheitspolitik der vergan­genen Jahre fort: Einerseits findet man, im Vergleich zu früher, klare Worte zum Holocaust und man stellt Geld zu seiner Erforschung zur Verfügung. Andererseits sorgt man für die Unterstützung jener Kräfte, die den Judenmord in der Gegenwart planen.

Neben ihrer Anzeigenkampagne und ihrem jährlichen »Stakeholder-Dialog« – mit dem sie schon seit längerem versucht, sich Kritik vom Leib zu halten – wird es Ende September einen Gesprächstermin der OMV zum »Engagement« im Iran mit dem Netzwerk Soziale Verantwortung geben, einem Dachverein von Gewerkschaften, Betriebsräten und NGO. Das Management der OMV scheint daran interessiert zu sein, das Geschäft mit den Mullahs ohne Kritik über die Bühne zu bringen.

Langsam formiert sich solch eine Kritik in Österreich. Die nicht im Parlament vertretene KPÖ teilte mit, dass »Geschäfte österreichischer Unter­nehmen wie etwa der OMV das autoritäre Regime im Iran stärken und den Ansprüchen auf freie ge­werkschaftliche Betätigung und Einhaltung der Menschenrechte entgegenstehen«. Deutlichere Worte fanden grüne Gewerkschafter. Markus Koza, Bundessekretär der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen, erklärte, dass »ein Deal mit einem Regime, das Israel von der Landkarte löschen will, schon aus diesem Grund alleine abzulehnen« sei. Hinsichtlich des von den Grünen geforderten humanitären Engagements der OMV im Iran stellte er klar: »Die Annahme, dass Aktivitäten westlicher Konzerne in autoritären Ländern ›Menschenrechtspolitik‹ betreiben würden und oppositionelle Gruppen unterstützen könnten, halte ich gelinde gesagt für reichlich naiv.«

Auch die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nahm in einem Beitrag für die Illustrierte Neue Welt Stellung zum geplanten Iran-Geschäft: »Es sieht ganz so aus, als wollte Österreich sich geradezu vordrängen, um eine Drehscheibe für Handel, aber leider nicht: Wandel, mit diesem antisemitischen und totalitären Regime des Iran zu werden.«

Die österreichischen Exporte in den Iran sind durch Staatsgarantien abgesichert. Im Jahr 2005 stand der Iran an fünfter Stelle unter den Nationen, die von derartigen Garantien profitierten. Seit 2004 existieren auch ein österreichisch-iranisches Investitionsschutz- und ein Doppelbesteuerungsabkommen. 2006 betonte der iranische Handelskammerpräsident Ali Naghi Khamoushi: »Österreich ist für uns das Tor in die europäische Union.« Die österreichischen Ausfuhren in den Iran haben sich seit 2002 annähernd verdoppelt.

Neben der OMV waren in den vergangenen Jahren mit Evicom, VA Tech und Voest Alpine weitere große österreichische Unternehmen im Iran aktiv. Auf den diversen Industriemessen in Tehe­ran sind österreichische Firmen Stammgäste. Für November dieses Jahres ist der Besuch einer Handelsdelegation aus Wien im Iran geplant.

Im Mai 2007 gab die Ottakringer Brauerei bekannt, dass sie im Iran eine Produktionsstätte zur Herstellung ihrer alkoholfreien Marke »Null Komma Josef« errichten wird. Firmenchef Sigi Menz schwärmt vom friedenspolitischen Potenzial seines Produkts. Andere Unternehmen exportieren weniger kommunikationsfördernde Artikel. Die österreichische Waffenfirma Steyr-Mannlicher lieferte in den vergangenen Jahren Präzisionsgewehre vom Typ Steyr HS.50 in den Iran. Nach Angaben des American Enterprise Ins­titute entfallen elf Prozent des österreichisch-iranischen Handelsvolumens auf den militärischen Bereich.

Österreichische Politiker und Wirtschaftsvertreter verweisen zur Legitimation ihrer Geschäfte mit der Islamischen Republik gerne auf die mäßigenden Effekte von ökonomischer Kooperation. Den Mullahs in Teheran geht es nicht um einen Kompromiss, sondern um einen »Frieden«, der auf den Trümmern Israels gedeihen würde. Das kann man aber in einem Land, in dem auch den eingeborenen Nazis gerne mit Nachsicht, Toleranz und Feingefühl begegnet wird, problemlos ausblenden.