Where the fuck is Schwadorf?

Der Leiharbeitsvermittler Trenkwalder, in Deutschland Sponsor beim TSV 1860 München, hat große Pläne im ­österreichischen Fußball. von lukas wieselberg, wien

Das Team hat schon gegen die ganz Großen der Welt gespielt. Dabei kennt sie in Österreich kaum jemand und außerhalb des Landes so gut wie niemand. Im Sommer 2005 hielt es sich gut gegen die Galaktischen von Real Madrid. Es bedurfte schon Beckhams, Ronaldos und Zidanes, um die Mannschaft mit 4:1 zu schlagen. Ein Jahr später zeigte Arsenal London weniger Gnade. Gegen das Zauberkollektiv von Arsène Wenger setzte es dank mehrerer Tore von Robin van Persie und Emmanuel Adebayor ein 1:8. Und dennoch hat dies beim Trenkwalder Sportklub Schwadorf niemanden verärgert. Schließlich hat man in den vergangenen beiden Jahren gegen Gegner gespielt, von denen andere österreichische Klubs nur träumen können.

Das Ganze fand natürlich nicht im Rahmen der Champions League statt. Die Freiwilligkeit der Gästeteams wurde mit Antrittsgeldern um die 50 000 Euro erkauft. Aber was soll’s: Der Trenkwalder SKS sorgt im österreichischen Fußball für einige hübsche Pointen. Möglich macht dies Richard Trenkwalder, seit 1999 Präsident und Hauptsponsor des Vereins. Trenkwalder ist der Vorstandsvorsitzende der Trenkwalder International AG, des größten Anbieters für Leih­arbeitskräfte in Österreich und nach eigenen Angaben auch Marktführer in Tschechien, der Slowakei und Ungarn. 2006 machte sein Unternehmen mit Standorten in 18 europäischen Ländern einen Umsatz von 500 Mil­lionen Euro, für 2007 wird eine Verdoppelung angestrebt. Nach bewährtem Vorbild bündelt Trenkwalder seine Sponsoringaktivitäten im Fußball und unterstützt, so sagt er, 50 Vereine, darunter den Trenkwalder Sportklub Schwadorf, der seither den Sponsor im Namen führt. Seit Sommer ist er auch Hauptsponsor des TSV 1860 München, den er allerdings so schnell wohl nicht zu einer Namensänderung veranlassen können dürfte.

In Österreich gibt es in diesem Punkt eine ziemlich einzigartige Tradition: Sponsoren dürfen hier nicht nur zahlen, sondern kommen mitunter auch in den Genuss, in den Vereinsnamen integriert zu werden. Die Klubs werden oft unter leicht veränderter Bezeichnung neu gegründet. Aktuelle Beispiele in der obersten Spielklasse: Red Bull Salzburg, Cashpoint SCR Altach und SV Josko Fenster Ried.

In der Red Zac Erste Liga, der zweiten Spielklasse des Landes, kann es so zu den schönen Duellen FK Austria Magna-Amateure gegen SV Stadtwerke Kapfenberg kommen oder SCS bet-at-home.com gegen SKS Trenkwalder. Wobei Letztgenannter den Vogel abschießen, weil der Name hier gleich vom Präsidenten stammt. Aber ganz verwunderlich ist das nicht. Vor zwei Jahren, zum 20jährigen Betriebsjubiläum, wurde ein Platz in Schwadorf nach Richard Trenkwalder benannt. »Richard Trenkwalder Platz 1« lautet seither folgerichtig auch die neue Betriebs­adresse. Trenkwalder ist eben ein »außerordentlicher Wirtschaftsfaktor« für die 15 Kilometer südöstlich von Wien gelegene Marktgemeinde, wie es der sozialdemokratische Bürgermeister Richard Gebert damals ausdrückte. Das 5 000 Zuschauer fassende Stadion des Trenkwalder Sportklubs Schwadorf heißt übrigens Ri­chard-Gebert-Stadion.

Eine Million Euro wollte die Gemeinde mit ihren knapp 1 800 Einwohnern in die Sportanlage investieren, als der SKS im Frühsommer 2007 erstmals in die zweithöchste Spielklasse aufgestiegen war. Hauptproblem: der Neubau einer fernsehtauglichen Flutlichtanlage. Da Schwadorf in der Einflugschneise des nahe gelegenen Flughafens Wien-Schwechat liegt, war dafür eine Sondergenehmigung der Luftfahrtbehörde notwendig.

Organisatorisch und handwerklich ist alles gut gegangen, bisher ist noch kein Flugzeug in Schwadorf gelandet. Sportlich ist die Saison bisher aber alles andere als nach Wunsch gelaufen. Und das nach Jahren des Erfolgs. Seit 2002 ist der SKS von der sechsten Spielklasse in die zweite aufgestiegen. Dementsprechend hoch waren auch die Erwartungen vor Beginn der aktuellen Spielsaison. Man ernannte sich selbst zum Titelfavoriten, Trenkwalder stellte ein Budget von geschätzten drei Millionen Euro zur Verfügung, das höchste der gesamten Liga, und stellte ein Team mit neun ehemaligen Nationalspielern zusammen. »Die meisten Vereine haben nicht einmal 50 Prozent der Qualität von uns«, meinte Trainer Attila Sekerlioglu zu Saisonbeginn. Zwei Spiele und einen Punkt später war er gefeuert und durch einen auch in Österreich alten Bekannten ersetzt: Bernd Krauss.

Krauss bekennt, selbst nicht gewusst zu haben, wo Schwadorf liegt, als er im August dieses Jahres als Trainer zusagte. 1977 kam er von Borussia Dortmund zu Rapid Wien, wo er sechs Jahre lang als offensiver Verteidiger zumeist erfolgreich spielte. In dieser Zeit wurde der geborene Deutsche österreichischer Staatsbürger und spielte 22 Mal für das neue Nationalteam. Pikanter Höhepunkt dieses Nationalitätenwechsels war das WM-Qualifikationsspiel Österreich gegen Deutschland im April 1981 in Hamburg. Krauss schoss ein Tor, aber auf der falschen Seite. Das Eigentor half entscheidend mit zum 2:0-Endstand für die Gastgeber, der »Piefke« im österreichischen Team wurde daraufhin mit viel Spott und Argwohn bedacht. Schließlich ging er wieder zurück in die deutsche Bundes­liga zu Borussia Mönchengladbach. Wegen der damals gültigen Ausländerquoten nahm Krauss dort 1984 wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn begann er eine ebenso internationale wie wechselhaft erfolgreiche Trainerkarriere (Pokalsieg mit Mönchengladbach 1995, drei Jahre bei Real Sociedad, 130-Tage-Intermezzo bei Admira Mödling). Nun ist der Leihösterreicher beim Leiharbeitsvermittler aus Schwadorf gelandet.

Anders als unter seinem Vorgänger hat das Team des SKS Trenkwalder unter Krauss bereits ein paar Spiele gewinnen können. Von der angekündigten Meisterschaft ist man aber weit entfernt, befand sich nach zwölf Spieltagen noch immer in der Abstiegszone. Statt Real Madrid und Arsenal London in den Vorbereitungsspielen warten nun Gratkorn, Parndorf und Bad Aussee – Ortschaften, die nicht nur Wiederzugereiste wie Bernd Krauss nicht kennen. (Vergleichsweise viel) Geld schießt eben keine Tore, könnte man an dieser Stelle wieder einmal triumphierend anmerken – ganz so einfach ist es aber natürlich nicht. Auch in Österreich setzen sich auf lange Sicht die kapitalstärksten Vereine durch. Trenkwalder hat bereits angekündigt, einen »langen Atem« zu haben und auf den Erfolg auch warten zu können. Nachdem nichts darauf hindeutet, dass die Zeitarbeit in den nächsten Jahren an Bedeutung verlieren wird, können die Wachstumsziele seiner Firma durchaus in Erfüllung gehen.

Das Fußball-Sponsoring sieht Trenkwalder dazu als ideale und zielgruppenorientierte PR-Maßnahme.

Am vorletzten Wochenende präsentierte der Unternehmer den Plan, einen »FC Niederösterreich« zu gründen. Durch die Fusion mit den notorisch finanzschwachen, aber mit einer eigenen Nachwuchs-Akademie ausgestatteten Kollegen von Admira Mödling könnte mittelfristig ein Verein entstehen, der sich in der obersten Liga Österreichs etabliert.

In der Zweiten Bundesliga Deutschlands hat das Kalkül Trenkwalders bereits funktioniert: Bei 1860 München ist er seit dieser Saison Haupt­sponsor, die für zwei Jahre abgeschlossenen Verträge gelten auch für den Fall des Aufstiegs in die Erste Liga. Und damit sieht es bekanntlich derzeit nicht schlecht aus: Die »Löwen« liegen in der Aufstiegszone und haben alle Chancen, dem Leiharbeitsvermittler aus Schwadorf auch in Deutschland zu noch mehr Publikum zu verhelfen.