Erweckt Kräfte!

Der letzte linke Student von jörg sundermeier

Lustig ist der letzte linke Student. Er kichert, er ­tänzelt, er ist rundherum heiter. Denn: der letzte linke Student hat den Spaß entdeckt. Den Spaß, den es macht: wenn man provoziert. Provozieren nämlich: ist eine linke Kunst. Provozieren nämlich: ist gutes 68! Gutes 68 ist: alles, was nicht renegatisch ist. Gut also ist: wer noch immer links ist! Und Provo­ka­tion: war auch immer links. Cohn-Bendit, Fischer, Rabehl, Mahler: sie alle haben provoziert. Und: sie waren links. Seit sie nicht mehr links sind: provozieren sie auch nicht mehr. Im Gegenteil: sie sind bieder, alt und angepasst. Das beweist: Provokation ist ein Maßstab fürs Linkssein. Und links sein wiederum: wer wollte das nicht? Denn nur das Linkssein verheißt uns Frieden und Freiheit und einen guten Schlaf nach getaner Arbeit! Wer links ist: muss sich nicht mehr schämen. Denn: er ist bei sich selbst angekommen. Also: just dort, wo er sich vorher abgeholt hat.

Und wie hat der letzte linke Student provoziert? Der letzte linke Student hat heimlich neben das Klo, das der Arbeitskreis Dritte Welt oft benutzt, ein rassistisches Bild von einem Afrikaner und einer Asiatin gemalt. Nur ein rassistisches Bild? Nein, auch ein sexistisches Bild. Denn: »Wir müssen manchm. die Eingerosteten aufschrecken. Damit sie herauskommen aus ihrem Trott. Das müssen wir, selbst wenn wir dabei deren Gefühle verletzen. Nur über den persönl. Schmerz kommt man zur Erfahrung und zu Kampfeswillen.« So steht es im besonderen Notizbuch. Und es ist geschickt argumentiert. So also: wird ab jetzt vorgegangen. Auf dass: die Manneskraft sich erneuere! Und auch wir müssen endlich begreifen, dass das Gut­men­schentum ausgemerzt gehört!